In Deutschland lebten derzeit drei Millionen Kinder und Jugendliche in Armut. "Das ist eine absolut bittere Erfahrung für sie", sagte NAK-Sprecherin Barbara Eschen. Häufig würden sie wegen ihrer Kleidung gehänselt, könnten für Hausaufgaben nicht im Internet recherchieren oder müssten beim Mittagessen in der Schule zugucken, weil die Eltern die Eigenbeteiligung nicht aufbringen könnten. "Das ist das Gegenteil von Chancengleichheit: Kinder aus armen Familien haben größte Chancen, wieder selbst arme Familien zu gründen. Das ist ein Skandal."
Gemeinsam mit weiteren Verbänden habe die NAK einen Appell an die Parteien zur Bundestagswahl gestartet. Darin werden unter anderem die Hartz-IV-Sätze als zu niedrig und eine mangelnden Förderung armer Kinder kritisiert. "Wir erwarten von den Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten der demokratischen Parteien zur Bundestagswahl, dass sie das Thema Kinderarmut ernst nehmen und endlich wirksam bekämpfen", so Eschen. Den Aufruf hätten bislang rund 36.000 Menschen unterzeichnet.
Die Nationale Armutskonferenz ist ein Zusammenschluss aus Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege, dem Deutschen Gewerkschaftsbund und deutschlandweit tätigen Fachverbänden und Initiativen von Betroffenen.
Linkspartei kritisiert: Alleinerziehende bleiben in Hartz-IV-Falle
Die Linkspartei kritisiert, dass gerade Alleinerziehende in vielen Fällen auf zusätzliche Unterstützung durch Hartz IV angewiesen sind. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde reicht bei einem Vollzeitjob in 44 von 401 Landkreisen und kreisfreien Städten in Deutschland nicht für ein Leben ohne Hartz IV. So steht es in einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine Anfrage von Linken-Fraktionsvize Klaus Ernst, die der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstagsausgabe) vorliegt. Demnach sind etwa in Münster, Stuttgart, München, Köln oder Bonn die Wohnkosten so hoch, dass Alleinstehende ohne Kinder bei 37,7 Wochenstunden und Mindestlohn-Bezahlung ergänzend staatliche Leistungen beziehen müssen.
Alleinerziehende mit einem Kind unter sechs Jahren, die Vollzeit arbeiten und den aktuellen Mindestlohn erhalten, sind fast flächendeckend zusätzlich auf Hartz IV angewiesen. Lediglich in den bayerischen Landkreisen Tirschenreuth und Freyung-Grafenau ist das laut Bundesregierung nicht der Fall.
"Ein Mindestlohn muss allen Vollzeitbeschäftigten ein Auskommen ohne staatliche Unterstützung ermöglichen. Das leistet er auch nach seiner Erhöhung auf 8,84 Euro nicht", sagte Ernst der Zeitung. "Es ist ein Armutszeugnis, dass es Alleinerziehende in einem der reichsten Länder der Welt trotz Arbeit kaum schaffen können, aus der Hartz-IV-Falle herauszukommen."