Nach der Räumung des Camps hungerstreikender Asylbewerber in München hat der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm eine humane Asylpolitik gefordert. "Wir dürfen jetzt nicht zur Tagesordnung übergehen“, sagte er nach Angaben des Landeskirchenamts am Sonntag bei einer Predigt im mittelfränkischen Rummelsberg. Auch die Kirchen würden mithelfen, Unterbringungsmöglichkeiten für Asylsuchende zu finden. Ein "christliches Land, das diesen Namen verdient" müsse alles tun, um bedrängten Menschen Zuflucht zu geben.
Landesbischof: Verzweiflung kann uns nicht unberührt lassen
"Die Verzweiflung von Menschen, für die die Umstände so unerträglich sind, dass sie ihr Leben riskieren, kann uns nicht unberührt lassen.“ Der Landesbischof ergänzte: "Die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen, dass Asylsuchende hier menschenwürdig untergebracht werden können und ein faires Asylverfahren bekommen.“ Kritik kam auch vom bayerischen Flüchtlingsrat.
Die Behörden in München hatten am Sonntag den einwöchigen Hungerstreik von Asylbewerbern beendet und mit der Räumung ihres Camps eine drohende Katastrophe verhindert. Alle 44 Asylbewerber - darunter drei Kinder - wurden in Krankenhäuser gebracht. Der Anführer der Aktion, der als politischer Flüchtling anerkannte Iraner Ashkan Khorasani, wurde festgenommen, weil er Ärzten die Behandlung der schon stark geschwächten Flüchtlinge verwehrt haben soll. Die Entscheidung zur Räumung trafen Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) und Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wegen akuter Lebensgefahr für die Hungerstreikenden.
Anführer des Hungerstreiks festgenommen
Ein Mensch habe bereits wiederbelebt werden müssen, mehrere Personen hätten schon im Koma gelegen, berichtete Ude in einer Pressekonferenz. Der Anführer der Aktion aber habe Ärzten die Behandlung verwehrt und erklärt, "wenn es Tote gibt - womit auch er gerechnet hat -, dann ist eben die Politik in Deutschland daran schuld“.
Das weitere Vorgehen gegen Khorasani prüfe jetzt die Staatsanwaltschaft, sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Auch zwölf Unterstützer aus dem linksautonomen Spektrum, die Notarztwagen blockiert, Widerstand geleistet oder Polizisten bei der Räumung gegen 5.00 Uhr morgens beleidigt haben sollen, wurden vorläufig festgenommen.
ZdK-Präsident Glück versuchte mit zu verhandeln
Vor der Räumung war ein Vermittlungsversuch des früheren SPD-Vorsitzenden Hans-Jochen Vogel (SPD) und des ehemaligen Landtagspräsidenten Alois Glück (CSU) am Samstagabend gescheitert. Khorasani habe nur "volles Asylrecht für alle" gefordert und jede Verhandlung kategorisch abgelehnt, sagte Ude. Deshalb sei er jetzt sehr froh über den Ausgang. "Es ging ausschließlich um die Rettung von Menschenleben.“
Heftiger Widerspruch kam von den bayerischen Grünen. Ihre Fraktionsvorsitzende Margarete Bause sagte: "Eine Lösung auf dem Verhandlungsweg wäre möglich gewesen.“
Ude warf Khorasani vor, er sei "nicht Sprachrohr für Menschen in Verzweiflung“, sondern alleiniger Führer einer Aktion mit "sehr eigentümlichem politischen Anspruch“ gewesen. Er habe das Leben anderer Menschen eingesetzt, um politische Ziele zu erreichen. Innenminister Herrmann sprach von einer "kompromisslosen, radikalen Positionierung dieses Rädelsführers“. Khorasani sei als Kommunist im Iran verfolgt worden, habe in Deutschland Asyl als politischer Flüchtling erhalten und wohne in Berlin. Er sei bereits bei einer Botschaftsbesetzung im Oktober 2012 in Berlin aufgefallen.
Verzicht auch auf Getränke
Die Asylbewerber aus mehreren afrikanischen und asiatischen Ländern waren im Anschluss an eine Demonstration seit einer Woche im Hungerstreik und weigerten sich seit Dienstag auch zu trinken, was innerhalb weniger Tage zum Tod führen kann. Ude und Herrmann äußerten starke Zweifel, ob sich alle von ihnen darüber klar gewesen seien und ob sie nicht instrumentalisiert worden seien.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg hatte nach Mitteilung seines Präsidenten Manfred Schmidt angeboten, die Einzelfälle der Asylbewerber binnen zweier Wochen zu prüfen. Obwohl dieses Angebot vom Flüchtlingssprecher abgelehnt worden sei, sollen die Verfahren in dieser Zeit erfolgen. Wie Schmidt erläuterte, sei die Gewährung von politischen Asyl nach dem Grundgesetz an enge rechtliche Voraussetzungen geknüpft.