Auch Kirche in Österreich und den Niederlande bestätigt weitere Fälle

Missbrauch kennt keine Grenzen

In Österreich werden weitere Fälle von Gewalt und sexuellem Missbrauch an kirchlichen Einrichtungen bekannt. Der Abt des Zisterzienserklosters Wettingen-Mehrerau, Anselm van der Linde, bestätigte den "Vorarlberger Nachrichten" Gewalt gegen Schüler des klostereigenen Gymnasiums in den 1960er Jahren.

 (DR)

Ein heute 60 Jahre alter ehemaliger Schüler hatte in deutschen Medien schwere Vorwürfe erhoben. «Ich kenne diese Vorwürfe, und ich will sie nicht kleinreden», sagte van der Linde. Unterdessen nahm der Abtpräses der Österreichischen Benediktinerkongregation, Christian Haidinger, den Rücktritt von Bruno Becker an. Der Erzabt des Salzburger Benediktinerstiftes hatte sein Amt nach Missbrauchsvorwürfen gegen seine eigene Person niedergelegt.

Laut Angaben des Abtes von Wettingen-Mehrerau gab es in dem Kloster mehrere Fällen sexuellen Missbrauchs, die intern bekannt gewesen und zum Teil auch der Justiz gemeldet worden seien. Van der Linde erwähnte unter anderem den Fall eines Schülers aus den 1980er Jahren, der von einem heute 74-jährigen Ordensmann missbraucht wurde. Dieser habe damals die Tat gestanden und sei nach Tirol versetzt worden. Eine Anzeige habe es nicht gegeben, der Pater habe sich jedoch einer Therapie unterzogen. 2001 sei es in Innsbruck zu einem weiteren Übergriff eines Mehrerauer Paters gekommen. Der Ordensmann sei suspendiert und gerichtlich verurteilt worden, lehne jedoch bis heute eine Therapie ab. Derzeit laufe das Laisierungsverfahren.

Mit seinem Rücktritt zog der Erzabt von Sankt Peter am Montag in Salzburg die Konsequenz aus einem gegen ihn selbst erhobenen Missbrauchsvorwurf. Becker hatte gestanden, vor rund 40 Jahren einen damals Minderjährigen sexuell missbraucht zu haben. Zum Zeitpunkt der Tat sei er 24 Jahre alt und noch nicht Priester gewesen. Unmittelbar nach der Tat habe er sich bei dem Betroffenen entschuldigt. Im Herbst 2009 kam es zu einem weiteren Gespräch, über dessen Verlauf auch der Salzburger Erzbischof Alois Kothgasser informiert wurde. Weitere Fälle habe es während Beckers seelsorgerischer Tätigkeit nicht gegeben, so die Erzabtei in einer Stellungnahme.

Die Amtsgeschäfte in Sankt Peter übernahm inzwischen Prior Korbinian Birnbacher. Zum Vorwurf, das Opfer habe 5.000 Euro «Schweigegeld» erhalten, sagte Birnbacher, dabei habe es sich um den Versuch einer persönlichen Wiedergutmachung durch Becker, verbunden mit der Bitte um Vergebung, gehandelt. Zugleich bestätigte der Prior Vorwürfe gegen zwei weitere ehemalige Mönche von Sankt Peter, die sich in den Jahren nach dem Missbrauch durch Becker ebenfalls an dem Opfer vergingen. Beide seien bis 1974 beziehungsweise 1975 Mitglieder des Konvents gewesen, dann jedoch ausgetreten.

Der Missbrauchs-Beauftragte des Erzbistums Salzburg, Johann Reißmeier, forderte unterdessen eine besseren Vernetzung der diözesanen Ombudsstellen für sexuellen Missbrauch in Österreich. Hier habe die Österreichische Bischofskonferenz die richtigen Signale gesetzt, sagte er. Laut eigenen Angaben wurde Reißmeier seit 2002 mit insgesamt dreizehn Anschuldigungen im Bereich sexuellen Missbrauchs konfrontiert. Alle Vorgänge seien strafrechtlich nicht mehr relevant gewesen.

Niederlande: Neue Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen
Auch in den Niederlanden sind neue Fälle von sexuellem Missbrauch in Einrichtungen der katholischen Kirche bekanntgeworden. Erstmals seien auch Nonnen beschuldigt worden, berichtete die Tageszeitung «De Telegraaf». Rund 200 Meldungen über mutmaßlichen Missbrauch sind innerhalb einer Woche von der kirchlichen Anlaufstelle «Hilfe und Recht» in Utrecht registriert worden. Die meisten davon betreffen Vorgänge in den 1950er bis 1970er Jahren.

Die katholischen Bischöfe der Niederlande wollen eine «externe und unabhängige Untersuchung» der jüngsten Vorwürfe über sexuelle Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen. Dazu sollen unter Einschaltung von Experten zunächst ein Untersuchungsplan und ein Zeitrahmen ausgearbeitet werden, teilte die niederländische Bischofskonferenz am Dienstag mit.

Wie es weiter hieß, soll der Bischof von Groningen-Leeuwarden, Gerard de Korte, die Untersuchung im Auftrag der Bischöfe begleiten. Welche nicht-kirchlichen Stellen im einzelnen für die Durchführung der Studie verantwortlich sind, wurde nicht mitgeteilt.

Bei dem Treffen, bei dem auch die Ordensoberen des Landes vertreten waren, verurteilten die Kirchenführer nachdrücklich sexuellen Missbrauch. Den Opfern von Übergriffen durch Priester und Ordensleute boten die Konferenzteilnehmer ihr Mitgefühl und ihre Entschuldigung an. Der kirchliche Dienst Hulp & Recht" («Hilfe & Recht») soll weiter als zentrale Anlaufstelle für Berichte über Missbrauchsvorgänge zur Verfügung stehen.