Auch konservative Christen gegen US-Migrationspolitik

"Plötzlich stand Trump völlig alleine da"

Zum ersten Mal in seiner Amtszeit hat US-Präsident Donald Trump in einer politischen Frage eingelenkt. Der Gegenwind war zu stark: Christen, die Trump gewählt hatten, haben sich in der Einwanderungsfrage gegen den Präsidenten positioniert.

Donald Trump / © Michael Kappeler (dpa)
Donald Trump / © Michael Kappeler ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die amerikanischen Bischöfe gelten als eher konservativ. Haben sie sich denn zu den Geschehnissen an der mexikanischen Grenze geäußert?

Prof. Godehard Brüntrup, SJ (Hochschule für Philosophie, München): Sie haben sich in einer Weise und Schärfe geäußert, die nicht oder kaum zu überbieten ist. Bischof Weisenburger aus Tucson in Arizona, nahe an der Grenze zu Mexiko, hat gesagt, dass diejenigen, die an Trumps Politik teilhaben, mit kanonischen Strafen belegt werden sollen. Das heißt mit kirchenrechtlichen Strafen. Das reicht von der Verweigerung der Kommunion bis zur Exkommunikation. Eine solche Eskalation hat es seit seit langem nicht mehr gegeben. Die Bischöfe sind wirklich zutiefst entsetzt über das, was da passiert ist.

DOMRADIO.DE: Wie ist denn in den USA die Kritik des Papstes an der Flüchtlingspolitik angekommen. Und wie ist sie kommentiert worden?

Brüntrup: Die Papstkritik ist kommentiert worden. Aber noch viel bedeutender für Trump war natürlich, dass seine eigentliche Klientel, nämlich die evangelikal-bibelfundamentalistischen Christen, die ihn bisher gestützt haben, ihn verlassen haben. Bislang war da das Motto: Wir mögen ihn nicht, wir mögen seinen Charakter nicht, wir mögen seinen Stil nicht, aber wenigstens tut er etwas gegen Abtreibung und andere Dinge, die uns wichtig sind. Als die Bilder von Kindern, die ihren Müttern entrissen wurden, gezeigt wurden, haben diese Menschen gesagt: Nein, das können wir als Christen nicht mehr akzeptieren. Und da hat Trump eingelenkt. Daran sieht man, dass die Christen, wenn sie mit einer Stimme sprechen, in Amerika einen Präsidenten zum Einlenken zwingen können.

Ich glaube also, dass die gemeinsame christliche Stimme ihm Angst gemacht hat. Er möchte ja gerne wiedergewählt werden: Die Midterm Elections stehen an. Er hat gemerkt, dass er es einen Schritt zu weit getrieben hatte. Auch in der eigenen Familie: Seine Frau hat gesagt, dass sie da nicht mehr mitmacht. Da stand Trump plötzlich völlig, völlig allein da.

DOMRADIO.DE: Wo stehen denn die US-amerikanischen Katholiken? Sind die eher gespalten? Gibt es da weiterhin Trump-Verbündete und Trump-Gegner?

Brüntrup: Die amerikanischen Katholiken sind bezüglich Trump als Person, glaube ich, nicht gespalten. Da gibt es wenig, die ihn als Person überzeugend finden. Es ist allerdings so, dass die politischen Gegner, die Demokraten, viele Positionen vertreten, zu weit weg sind von allem, was Katholiken moralisch akzeptabel erscheint. Insofern gibt es sicherlich einige, die sagen, dass man in den sauren Apfel beißen und den jetzigen Präsidenten "ertragen" muss, weil er einige sinnvolle, uns förderliche oder uns gut erscheinende Positionen vertritt. Aber diese Gruppe wird kleiner, wie man gerade an dem jüngsten Fall gesehen hat. Wenn ein Bischof sagt, jeder Katholik, der noch bei diesen Maßnahmen von Trump mitmacht, sollte eigentlich mit kirchenrechtlichen Strafen rechnen müssen, dann sieht man, dass da ein Punkt erreicht ist, wo die Bischöfe nicht mehr mitmachen und auch die Katholiken nicht mehr mitmachen.

DOMRADIO.DE: Wie schätzen Sie denn die Lage in den USA ein? Wird Trump sich weiter von der Welt abkapseln, sein Ding machen? Wird er sich überhaupt ändern können?

Brüntrup: Trump wird sich nicht ändern. Ich glaube, das wird eher noch schlimmer werden, je mehr er sich in dem Amt sicher fühlt. Er wird sich nicht ändern, er wird nicht einlenken. Und wir werden sicherlich noch zwei Jahre mit ihm zu leben haben, würde ich sagen. Was dann bei der nächsten Wahl geschieht, ist zum Glück noch offen. Aber, zu erwarten, dass er sich in irgendeiner Weise ändern würde, wäre, glaube ich, eine falsche Erwartung, auf die man sich nicht verlassen sollte.

DOMRADIO.DE: Und die Bibel hat die US-Regierung inzwischen auch mehr und mehr ins Spiel gebracht. Was sagen Sie denn dazu, dass Trumps Justizminister die Bibel zitiert, um die Maßnahmen an der mexikanischen Grenze zu kritisieren?

Brüntrup: Das war ein Versuch, der vielleicht in einigen wenigen Kreisen gut ankam. Aber, wie gesagt, selbst in den sehr konservativ bibelfundamentalistischen Kreisen hat man erkannt, dass das eine sehr einseitige Zitierweise war. Und das war auch nicht das, was der Apostel gemeint hat. Das, glaube ich, war im Großen und Ganzen ein Versuch, der ordentlich nach hinten losgegangen ist.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ (privat)
Prof. Dr. Godehard Brüntrup SJ / ( privat )

Proteste gegen US-Einwanderungspolitik / © Andres Kudacki (dpa)
Proteste gegen US-Einwanderungspolitik / © Andres Kudacki ( dpa )
Quelle:
DR