Sie beten und arbeiten den ganzen Tag, sind immer für andere da, und für sich selbst haben sie gar keine Zeit - so sieht das Bild aus, das wohl viele Menschen von Ordensleuten haben. Dass Schwestern und Brüder aber durchaus auch mal Freizeit und Hobbys haben, passt in dieses "Kopfkino" nicht hinein. Sport etwa. Vor und hinter so mancher Klostermauer rinnt der Schweiß, weil Schwestern und Brüder etwas für ihre Fitness tun.
"Eigentlich treiben viele Ordensleute Sport", plaudert Dominikanerin Kerstin-Marie Berretz aus dem Nähkästchen. Sie selbst macht regelmäßig Yoga und besucht einmal in der Woche abends in Oberhausen eine Yogaklasse. Im Dominikanerinnenkloster Arenberg, das auch gerne als "Wellnesskloster" bezeichnet wird, nutzten die dort lebenden Schwestern auch das dortige Fitnessstudio und Schwimmbad.
Zum Skilaufen in die Berge
"Wir Dominikanerinnen sind relativ frei, Sport zu treiben", sagt die Ordensschwester. "Ich weiß von Schwestern in Oslo, die Skifahren, weil der Bischof sie ermutigt hat, Sport zu machen", verrät die Ordensfrau. Eine andere Schwester fahre regelmäßig zum Klettern in die Berge, und in manchem Frauenkloster stehe für den körperlichen Ausgleich sogar ein kleines Trampolin zum Training bereit. Mitunter nutzten Schwestern auch anstehende Sommerfeste im Kloster, um ihre einstudierten Tänze zu präsentieren. Schwester Kerstin-Marie kennt Ordensbrüder, die regelmäßig zum Krafttraining gehen, ein befreundeter Kapuziner fechte - "irgendwas macht irgendwie jeder".
Wer rastet, der rostet - nach dieser Devise verfährt auch Notker Wolf. Der frühere Abtprimas der Benediktiner aus der oberbayerischen Erzabtei Sankt Ottilien verriet, dass er regelmäßig Morgengymnastik macht. Um fünf Uhr in der Früh strecke und dehne er sich ein paar Minuten. Nicht, weil er darauf eine "unbändige Lust" verspüre. Aber "dieses bisschen Sport hilft mir durch den ganzen Tag, ich fühle mich wohler und bin besser gelaunt".
Vereinbarkeit mit dem Ordensleben
Manche Gemeinschaften bieten ihren Mitgliedern Sportrekreation an, so etwa die Aulendorfer Schulschwestern. Einmal in der Woche werde hier Novizinnensport angeboten, erklärt Provinzoberin Lucilla Hauser.
Durch die dem Orden angeschlossene Schule stehe eine Turnhalle zur Verfügung, die dann etwa für Hand- oder Basketball, Lauf- und Rückentraining genutzt werde. "Gerade junge Schwestern, die beruflich viel sitzen, sind froh über diesen Ausgleich." Und was wäre, wenn eine Schwester einen Tangokurs machen wollte? Das habe es noch nie gegeben, sagt Schwester Lucilla, und antwortet diplomatisch: "Wir schauen, was mit dem Ordensleben vereinbar und sinnvoll für die Gesundheit ist." Für wichtig hält die Provinzoberin, dass ihre Mitschwestern "jeden Tag an die frische Luft kommen".
Das würde auch Anselm Grün unterschreiben. Er ist ein passionierter Wanderer und sucht oft die Natur auf - nicht zuletzt im Bergurlaub mit seinen Geschwistern, wie er in seinem Buch "Von Gipfeln und Tälern des Lebens" schreibt. Raus an die frische Luft - Walken und Joggen, das tun auch die Sießener Franziskanerinnen gerne.
Laufen für den guten Zweck
Schließlich liege das Kloster in einem Naherholungsgebiet, erklärt eine Verwaltungsmitarbeiterin. Sport sei ansonsten aber Privatsache jeder Schwester; "jede ist ja eine eigenständige Person".
Ambitionierter geht es Pater Tobias Breer an. Der Duisburger Prämonstratenser legt jede Woche rund 80 bis 100 Kilometer in Laufschuhen zurück; fünf Trainingseinheiten allein mit Flüchtlingen, die er in seiner Gemeinde coacht. In den vergangenen 11 Jahren ist er 76 Marathons mitgelaufen; 2018 rannte er in 6 Tagen 172 Kilometer durch Omans Wüste.
Nicht allein aus sportlichem Ehrgeiz - Pater Tobias ist Sponsoren- und Spendenläufer, verbindet Sport mit Nächstenliebe. Inzwischen hat der 55-Jährige über 500.000 Euro für notleidende Kinder gesammelt. Für ihn zähle auch der soziale Aspekt, der dahinterstehe. "Über das Laufen kann ich auch kirchenferne Menschen erreichen" - und macht damit quasi PR für Gott. "Das ist Kirche heute für mich - arbeiten an der Basis." Und der Pater weiß sich in guter Gesellschaft. "Jesus war bestimmt auch ein guter Läufer..."
"Muckibude im Kloster"
Als richtigen "Obersportler" seiner Gemeinschaft bezeichnet sich der Benediktiner Anno Schütte. Mehr als 7.000 Kilometer legt er jedes Jahr rund um die Abtei Königsmünster im sauerländischen Meschede auf seinem Rennrad zurück. Inzwischen ist der 55-Jährige auch auf einem Liegerad und einem Tretroller unterwegs. Er trainiert mehrmals in der Woche während der sogenannten Muße-Zeit, "das muss natürlich in den Klosterrhythmus passen". Sportgerät und -kleidung werde - wie auch andere persönliche Wünsche, etwa ein Theaterbesuch - über die Gütergemeinschaft im Kloster bestritten.
Pater Anno, der schon Fahrradexerzitien angeboten hat, ist nicht der einzige Sportler in der am Ruhrtalradweg gelegenen Abtei. "Wir haben eine kleine Muckibude im Haus", verrät der Ordensmann. Andere Mitbrüder trainierten - Dank einer Art Firmenrabatt fürs Kloster - außer Haus im Fitnesscenter. Früher hätten auch Brüder im Verein Handball gespielt oder seien im Ruderclub gewesen. "Bei uns gibt es das ganze Spektrum - von sehr ambitionierten Sportlern bis hin zu Couchpotatoes."