DOMRADIO.DE: Was ist das "SachsenSofa" und was passiert damit?
Daniel Heinze (Moderator der Reihe "SachsenSofa" der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen): Auf dem Sofa soll ganz viel gesprochen werden und es sollen auch mal die Fetzen fliegen. Wir wollen dieses sehr auffällige Möbelstück durch Sachsen tragen. Die Idee ist im Grunde, dass die große Politik in die kleinsten Orte des Freistaates getragen wird. Zum einen sollen Bundespolitiker, ehemalige Landtagspolitiker, Opposition, Landesregierung und alle möglichen Menschen, die in der Politik Verantwortung übernommen haben, auf dem Sofa Platz nehmen.
Zum anderen soll sich demgegenüber ein Bürger aus Gesellschaft und Kirche auf dem Sofa niederlassen. Anschließend wird dann in den kleinsten Orten Sachsens, die in etwa weniger als 5.000 Einwohner haben, über die brennenden Themen vor Ort gesprochen. Beispielsweise geht es in den Regionen, in denen Autos gebaut werden, um die Frage, ob Elektroautos die große Zukunftsvision sind oder doch nur Arbeitsplätze kosten.
Außerdem reden wird darüber, was blühende Landschaften nach 30 Jahren friedlicher Revolution gebracht haben. Das Sofa soll ein Ort für Gespräche werden.
DOMRADIO.DE: Die Gespräche beschäftigen also nicht bloß die Menschen, die auf dem Sofa sitzen, sondern auch das Publikum in diesen kleinen Orten. Dort gibt es dann nochmal ganz andere Probleme, oder?
Heinze: Tatsächlich haben wir uns gedacht, dass die Menschen in den kleinen Orten selten in den Genuss kommen, akademische Veranstaltungen und Gesprächsabende in Anspruch zu nehmen. Wir wollten bewusst in den Stadtkrug, in den Dorfsaal. Es können jetzt schon über die Seite sachsensofa.de für die jeweiligen Abende Fragen gestellt werden. Diese werde ich dann als Moderator stellvertretend stellen. An den Abenden sollen natürlich auch die Menschen, die vor Ort sind, mitreden dürfen. Dieser Anteil soll mindestens 50 Prozent des Abends ausmachen.
DOMRADIO.DE: Sind denn online schon Fragen eingegangen?
Heinze: Wir haben am Montag angefangen und der Akademiedirektor hat mir zwischenzeitlich signalisiert, dass viele Fragen eingehen.
DOMRADIO.DE: Natürlich geht es um die Menschen, die sich abgehängt fühlen und solche, die die AfD wählen. Die AfD hatte in den letzten Umfragen im Freistaat Sachsen einen sehr hohen Stand. Wie gehen Sie damit um, wenn bei der Veranstaltung kritische Fragen von AfD-Anhänger kommen?
Heinze: Die AfD ist eine Partei, die sich in Sachsen etabliert hat und die momentan dort zum Parteigefüge dazugehört und wir können die Fragen nicht komplett ignorieren. Ich setze in gewisser Weise auf die Intelligenz der Gruppe. Ich setze darauf, dass die kritischen Fragen, die aus der Ecke der AfD-Anhänger kommen, trotzdem in einem Ton und einer Art und Weise gestellt werden, die ermöglichen, dass die Menschen auf dem Sofa sachlich darauf antworten können.
Die Diskussionen sollen auf Augenhöhe stattfinden und fair bleiben. Dafür steht die Katholische Akademie und dafür werde ich mich als Moderator stark machen müssen. Natürlich birgt die Veranstaltung auch ein Risiko, da jeder Bürger herzlich eingeladen ist, ohne sich anmelden zu müssen.
Auf der einen Seite hoffe ich auf die Vernunft der Menschen, Diskurs zu machen, auch wenn er kritisch ist. Wir haben keine Angst vor kritischen Fragen. Auf der anderen Seite ist bei mir eine gewisse Portion Gottvertrauen vorhanden, was keinesfalls naiv klingen soll.
DOMRADIO.DE: Es ist bewusst eine Veranstaltung, die von der katholischen Kirche, genauer gesagt von der Katholischen Akademie im Bistum Dresden-Meißen ausgerichtet wird. Unter anderem sitzt auch Heinrich Timmerevers, der Bischof von Dresden, auf dem Sofa. Die Katholiken sind nicht die große Mehrheit in Sachsen. Weshalb ist die Veranstaltung katholisch?
Heinze: Ich darf in diesem Zusammenhang den Bischof von Magdeburg zitieren, der von "der schöpferischen Minderheit" spricht. Wir sind nur zu drei Prozent in Sachsen vertreten und spielen somit nicht die gesamtgesellschaftliche Rolle. Dennoch glaube ich, dass es genug Themen und gesellschaftliche Fragen gibt, bei denen die Katholiken, die im Lande Sachsen vertreten sind, mitreden können.
Wir wollen den Leuten nicht unsere Weltsicht aufzwingen, sondern wir wollen ein weiteres Podium schaffen. Ziel ist es, miteinander ins Gespräch zu kommen und das sehe ich als christlichen Auftrag, gesellschaftliche Gespräche zu ermöglichen und über mögliche Grenzen hinweg ein Gesprächsangebot aufzuzeigen.
DOMRADIO.DE: Kommen kirchenkritische Stimmen auch zu Wort?
Heinze: Es kommen auch kirchenkritische Stimmen zu Wort. Es gab Anfang letzter Woche zu Beginn der Vorstellung der Aktion zu Recht die Kritik, dass zurzeit auf den Panels zu viele Menschen Parteibücher der Regierungsparteien haben.
Da hat zum Beispiel die Akademie nachgebessert und wir freuen uns, dass jetzt auch der Fraktionsvorsitzende der Linken in Sachsen zu einem Sachsensofa zugesagt hat. Es wird beispielsweise die spannende Frage diskutiert, wie das Verhältnis zwischen Kirche und Staat ist. Wie viel Kirche braucht ein moderner Staat? Auch das sind Fragen, vor denen wir keine Angst haben. Im Gegenteil: Ich freue mich sehr auf diese Gespräche, denn ich denke, dass sie uns weiterbringen können und zudem noch hochinteressant werden.
Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.