Auf Probe bei den Unbeschuhten Karmelitinnen

Der Reiz des strengen Klosterlebens

Die Schwestern des Ordens der "Unbeschuhten Karmelitinnen" im pfälzischen Hauenstein geloben Armut, Gehorsam und Keuschheit. Ihr Tag besteht aus sieben Gebeten und jeder Menge Arbeit. Auch Ute Kraul hat den Schritt ins Kloster gewagt.

Autor/in:
Kathrin Hedtke
 (DR)

Schwester Elia zieht ihr Ordenskleid etwas zur Seite, streckt das rechte Bein hervor. Ihr Fuß steckt in einer blauen Wollsocke und einer Sandale. Sie lacht. "Wir tragen tatsächlich keine richtigen Schuhe", sagt die Leiterin des Ordens der "Unbeschuhten Karmelitinnen" im pfälzischen Hauenstein. Schwester Elia rückt ihren Holzstuhl etwas näher an das weiße Eisengitter, das die Nonnen in dem Sprechzimmer des Klosters von ihren Gästen trennt.

"Das Gitter ist ein äußeres Zeichen, wofür wir leben wollen", erklärt die Priorin. Der Orden gehört zu den strengsten der katholischen Kirche, außer dem Arzt und Handwerkern darf das Kloster niemand betreten - und niemand verlassen. Schwester Elia schüttelt den Kopf. Die Außenwelt lenke vom Glauben ab. "Hinter der klösterlichen Mauer leben nur wir und Gott", betont sie. Dieses Leben habe sie sich nicht ausgesucht, es sei "Berufung".

Die Schwestern geloben Armut, Gehorsam und Keuschheit. Ihr Tag besteht aus sieben Gebeten und jeder Menge Arbeit, die Nonnen produzieren in ihrer Bäckerei fünf Millionen Hostien pro Jahr. Die Ordensregeln gehen auf das 16. Jahrhundert zurück, damals gründete die heilige Theresa von ¦vila den strenger ausgerichteten Zweig des Bettelordens der Karmeliten. Als äußeres Zeichen der Reform zogen die Nonnen ihre Schuhe aus, trugen fortan die Sandalen der armen Leute. Theresa von ¦vila legte auch fest, dass in einem Kloster nicht mehr als 21 Nonnen leben dürfen. "Mit mehr Frauen auf einem Haufen wird es schwierig", erläutert Schwester Elia. Schließlich wollten sie wie eine Familie zusammenleben.

"Das Leben im Kloster ist mein größtes Glück"
Orden der Karmelitinnen gibt es weltweit. In Rheinland-Pfalz wurde vor 50 Jahren der "Karmel St. Josef" in Hauenstein gegründet, Schwester Augustine war von Anfang an dabei. Sie habe ihrer Mutter erst spät davon erzählt, berichtet die 77-Jährige. "Ich wollte sie nicht verletzen." Für die Eltern sei es "befremdlich" gewesen, dass ihre Tochter ins Kloster ging. Bei den Besuchen hielten sie sich durch die Gitterstäbe an den Händen. Als die Eltern starben, konnte Schwester Augustine nicht zur Beerdigung gehen. Trotzdem sagt sie: "Das Leben im Kloster ist mein größtes Glück."

Als immer mehr Nonnen nach Hauenstein kamen, gründeten sie 1986 einen Ableger des Ordens in Speyer. Doch auch hier reichte der Platz bald nicht mehr aus, so dass vor acht Jahren ein neuer Karmel im bayerischen Wemding bezogen wurde. Nach Ansicht des Bistums Speyer plagen die Karmelitinnen im Gegensatz zu anderen Orden keine Nachwuchssorgen. Doch Schwester Elia winkt ab: "Das stimmt nicht." Sie hätten dieselben Probleme wie alle anderen Klöster auch.

In Hauenstein leben derzeit 13 Schwestern und eine Postulantin: Ute Kraul ist erst seit drei Wochen hier, quasi auf Probe. "Ich bin Lehrling", sagt die 55-Jährige und lächelt. Vor vielen Jahren habe sie mit einem Freund aus Bayern einen Motorradtrip zu einem Kloster gemacht. Dort habe sie zum ersten Mal Gott gespürt, die Sehnsucht nach einem Leben mit ihm sei mit den Jahren immer stärker geworden.

"Es war ein schönes Gefühl, alles loszulassen"
Nun hat Ute Kraul den Schritt gewagt: Sie hat ihren Job aufgegeben, alle Bücher verschenkt und das Haus verkauft. "Es war ein schönes Gefühl, alles loszulassen", sagt sie. Ihr Sohn Florian sei der einzige Grund gewesen, warum sie mit der Entscheidung so lange gewartet habe. Doch mit 22 Jahren sei er jetzt alt genug, um seinen eigenen Weg zu gehen. "Wir schreiben uns viele Briefe."

Sie habe sich für den Orden der Karmelitinnen entschieden, weil sie die Kraft der Gebete beeindruckt habe. Die ersten drei Tage im Kloster habe sie keinen Bissen essen können, gesteht Ute Kraul. "Ich habe gedacht, ich bin im falschen Film." Doch sie habe keine Sekunde an ihrer Entscheidung gezweifelt. Klar, sie könne nicht mehr Eis essen gehen und nicht mehr in den Wäldern spazieren. "Aber wir haben einen großen Garten." Ute Kraul schiebt ein Fotoalbum durch das Gitter, zeigt auf die Bilder von Blumen und Bäumen.

Doch etwas Kontakt zur Außenwelt bleibt ihr, denn die Postulantin will Pfortenschwester werden. "Dann darf ich die Tür aufmachen." In dem kleinen Klosterladen verkaufe sie Kerzen und Postkarten, außerdem könne sie ihren Sohn umarmen. Ute Kraul lacht. Dann eilt sie davon, die Glocken läuten zum Gebet.