"Wenn Sie in Ruanda landen, merken Sie erst einmal nichts davon, es wirkt alles sehr geordnet. Es wirkt wie ein Vorzeigestaat und Sie merken vom Hass nicht unbedingt direkt viel", beschreibt Falix Steiner seine Eindrücke. Er ist Ruanda-Referent bei Missio. Doch dass der Völkermord in Ruanda von 1994 noch nicht vom Tisch ist, wird spätestens am 16. April jedes Jahres klar, an diesem Tag wird der Opfer gedacht.
Doch auch sonst spielt der Konflikt zwischen Hutu und Tutsi noch eine Rolle, allerdings eher unter der Oberfläche: "Die ältere Bevölkerung ist sich dem bewusst und es steckt in der Tiefe", sagt Felix Steiner. Offiziell gibt es heute nur noch Runader, die Begriffe Hutu und Tutsi sind aus der Öffentlichkeit verschwunden.
Nachfolgen auch politischer Art
Das Ruanda von heute wird von Paul Kagame regiert, damals war er Befehlshaber der Miliz RPF, die heute die Regierungspartei in Ruanda ist. Kritiker sagen, dass unter der Regierung von kagame Menschenrechte oft auf der Strecke bleiben. Das sieht auch Felix Steiner so: "Ich würde eher von einem diktatorischen Präsidenten reden, denn die Pressefreiheit ist eingeschränkt, Journalisten werden eingeschüchtert, Opposition gibt es so gut wie nicht."
Ruanda ist traditionell ein sehr katholisch geprägtes Land. Doch die Kirche hat seit dem Völkermord einiges an Vertrauen verloren, ihr wird eine zumindest sehr zwiespältige Haltung vorgeworfen, manche werfen ihr sogar vor, darin verstrickt gewesen zu sein. "Kirche und Völkermord in einem Atemzug zu nennen finde ich sehr heikel", sagt dazu Felix Steiner. „Die Kirche war unter Schockstarre“ und es kamen auch einige Opfer aus ihren Reihen: "Drei von neun Bischöfen wurde ermordet." Für ihn spielt der soziale Druck während des Völkermords eine große Rolle – vor dem auch Angehörige der Kirche vielleicht nicht immer standhielten: "Unter Todesandrohung wurden Leute dazu gezwungen, andere zu verraten. Nicht jeder ist zum Märtyrer geboren."
Schwierige Aufarbeitung
Die Aufarbeitung des Völkermords ist schwierig und beschäftigt das Land bis heute. Gewalt in der Familie und Alkoholprobleme sind die Sichtbarsten Probleme, die die Menschen belasten. Die Journalistin Eva-Maria Werner hat eine Versöhnungsinitiative besucht und eine Frau und einen Mann getroffen – Täter und Opfer. Beide wohnten im gleichen Dorf, der Mann tötete die ganze Familie der Frau. Jetzt wohnen sie wieder um die Ecke voneinander.
Als sie die beiden getroffen hat, wurde für Eva-Maria Werner klar, wie schwierig der Prozess der Versöhnung ist: "Die Stimmung bei dem Gespräch war sehr angespannt und bedrückt, trotzdem habe ich gemerkt, dass die beiden in einem Dialog sind, weil die Frau über die Jahre festgestellt hat, dass der Schmerz bleibt und dass sie sich irgendwie dazu verhalten muss, wenn ihr eigenes Leben weitergehen soll."
In diesem Prozess gebe es noch kein Happy End, sagt die, "das ist immer noch eine ganz schwierige Situation, das ist wahrscheinlich ein tägliches Ringen mit sich selbst und mit dem anderen." Dei Menschen wüssten aber auch: "Es gibt keine andere Möglichkeit, wenn unser Leben in irgendeiner Form weitergehen soll."