Der Vorsitzende des Gremiums, Peter Dabrock, sagte im Interview mit "Focus"-Online (Dienstag), der Ethikrat arbeite "seit einigen Tagen im Auftrag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an einer Stellungnahme", wie die Gesellschaft mit der Corona-Krise und moralischen Konflikten umzugehen habe. "Wir hoffen, sie Ende der Woche veröffentlichen zu können", sagte der Theologe. Es gehe etwa um die Frage, wie man mit Solidaritätskonflikten umgehe und wie lange die einschneidenden Maßnahmen, die jetzt ergriffen würden, in diesem Ausmaß tragfähig seien.
Enttäuschung über europäisches Auftreten
In dem Interview zeigte sich der Theologe enttäuscht über das Verhalten der Europäer in der Corona-Krise. "Über Wochen hat Europa ja gar nicht stattgefunden, und jeder hat sich nur auf die eigene Nation konzentriert", kritisierte Dabrock. "Die solidarische Idee Europas ist im Praxistest krachend durchgefallen. Die Idee wurde auf Null gesetzt." Die Gemeinschaft müsse "wieder mehr Gemeinsinn beweisen, sonst machen wir uns alle kaputt", warnte er.
Der Vorsitzende des Ethikrates forderte in dem Gespräch eine bessere Bezahlung für Beschäftigte in systemrelevanten Berufen. Er nannte dabei ausdrücklich Erzieherinnen sowie Beschäftigte in der Alten- und Krankenpflege. "Es reicht nicht, jetzt jeden Abend um 21 Uhr Menschen in systemrelevanten Berufen zu applaudieren", sagte Dabrock. "Ausgerechnet viele von den Jobs aber, die wir jetzt als systemrelevant anerkennen, sind bei uns schlecht bezahlt, bekommen vergleichsweise geringe Löhne." Dabrock weiter: "Wenn diese Krise vorbei ist, sollten wir in aller Ruhe schauen: Was ist uns welche Arbeit wert? Da gibt es aus meiner Sicht dringenden Korrekturbedarf."