Nach der Wahl des FDP-Politikers Thomas Leonhard Kemmerich (54) zum neuer Thüringer Ministerpräsidenten wirft das Internationale Auschwitz Komitee den demokratischen Parteien im Landtag "Opportunismus und politische Blindheit" vor. In der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus hätten sie "völlig versagt", erklärte die Organisation am Donnerstag in Berlin.
Der Landtag hatte Kemmerich am Mittwoch überraschend zum Nachfolger von Bodo Ramelow (Linke) gewählt. Von den 90 abgegebenen Stimmen entfielen bei einer Enthaltung im dritten Wahlgang 45 auf Kemmerich und 44 auf Ramelow. Er ist der zweite FDP-Ministerpräsident in der Geschichte der Bundesrepublik.
Er habe den CDU-Landesvorsitzenden Mike Mohring 2018 bei einem Besuch in der Gedenkstätte Auschwitz "als integren und glaubwürdigen Politiker" kennen gelernt, sagte der Exekutiv-Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner. Mohring müsse der AfD nun "die Tür weisen und nie und nimmer mit einem Ministerpräsidenten regieren, dessen Machtinstinkt von der AfD kanalisiert worden ist", forderte er.
Die FDP müsse Glaubwürdigkeit zurückgewinnen, so Heubner weiter: Wenn Parteichef Christian Lindner "von Herrn Kemmerichs machttaktischen Überlegungen gewusst und sie gebilligt hat, muss er als Vorsitzender einer liberalen Partei zurücktreten. Wenn er an diesen Überlegungen nicht beteiligt war, muss er Herrn Kemmerich wegen parteischädigenden Verhaltens aus der FDP ausschließen." Die Flanke der FDP sei «nach rechts wieder sehr weit offen», sagte Heubner.
Kemmerich kündigte unterdessen im ARD-Morgenmagazin an, er wolle die Spaltung der Gesellschaft überwinden und mit einer «Kontra-AfD-Politik» die demokratische Mitte vereinen. Mögliche Neuwahlen würden indes nur zu einer «Stärkung der Ränder» führen. "Das können Demokraten nicht wollen", betonte Kemmerich.