Debatte über Kirchenämter für AfD-Mitglieder hält an

Ist die Mitgliedschaft unchristlich?

Dürfen Mitglieder der AfD auch Mitglied in katholischen Gremien und Verbänden sein? Oder dort sogar Ämter bekleiden? Ein Vorschlag, sie davon auszuschließen, sorgt weiter für heftige Debatten.

Autor/in:
Gottfried Bohl
Thomas Schüller / © Lars Berg (KNA)
Thomas Schüller / © Lars Berg ( KNA )

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller hält einen Ausschluss von AfD-Mitgliedern aus katholischen Verbänden rechtlich für möglich. Allerdings müssten Satzungen und Wahlordnungen entsprechend verändert werden, sagte er am Wochenende dem BR. Er reagierte damit auf einen entsprechenden Vorschlag der Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp.

Stetter-Karp sieht Widerspruch zu "Grundwerten des Christentums"

Sie hatte vergangene Woche dem Münsteraner Portal kirche-und-leben.de gesagt, eine AfD-Mitgliedschaft sei aus ihrer Sicht mit der Übernahme eines Kirchenamtes unvereinbar: "Ein aktives Eintreten für die AfD widerspricht den Grundwerten des Christentums."

Irme Stetter-Karp / © Dieter Mayr (KNA)
Irme Stetter-Karp / © Dieter Mayr ( KNA )

Rechtlich könne jeder Verein Angehörigen dieser Partei nicht nur Ämter, sondern sogar die Mitgliedschaft verwehren, betonte Schüller. Denn es bestehe immer Aufnahmefreiheit: "Und da könnten tatsächlich die katholischen Jugendverbände, aber auch Erwachsenenverbände eine Bestimmung aufnehmen, AfD-Mitglieder grundsätzlich nicht in Vereine aufzunehmen und auch wieder aus dem Verein auszuschließen."

Kirchenrechtler Schüller: Probleme bei Satzungsänderung

Problematisch, so der Kirchenrechtler weiter, könne aber eine Satzungsänderung sein, die sich ausschließlich gegen die AfD richte. Besser wäre eine allgemeinere Formulierung, nach der Bewerber um die Aufnahme in einen katholischen Verein oder auch aktuelle Mitglieder nicht aufgenommen oder aus dem Verein entlassen werden können, "die sich vereinsschädigend im Sinne einer rassistischen, antisemitischen Äußerung verhalten".

Der Münchner Jura-Professor Stefan Korioth erklärte im BR, die Kirche habe als religiöse Gemeinschaft durchaus die Möglichkeit, beim Zugang zu Ämtern auf Kompatibilität mit ihren Auffassungen zu achten: "Aber so pauschal vorzusortieren, ist nicht unproblematisch." Die AfD sei keine verbotene Partei. Die Kirche spreche sogar die Empfehlung aus, sich politisch zu engagieren.

Debatte hält an

Heftige Kritik an Stetter-Karps Vorstoß kam von Mitgliedern der "Christen in der AfD". Unter anderem erklärten sie, die AfD sei die einzige Partei, die sich "ohne Wenn und Aber für die christlichen Werte des Lebensschutzes zu Beginn und am Ende des menschlichen Lebens" ausspreche. Zudem werde eine solche Ausgrenzung am Ende der Kirche schaden durch eine weitere Polarisierung.

Die katholische Theologin Marianne Heimbach-Steins sagte am Wochenende kirche-und-leben.de, sie sehe mit Sorge Überschneidungen zwischen manchen sehr konservativ-katholischen Milieus und AfD-Positionen - "vor allem da, wo im Namen eines vermeintlich konservativen Profils Ausgrenzung von allem, was 'anders' ist, verfochten wird".

Das betreffe den Umgang mit Zuwanderung, Arbeitsmigrantinnen, Geflüchteten, sexueller Vielfalt sowie die Haltung zu Judentum und Islam. "Eine pauschal ablehnende Haltung gegenüber Menschen, die als anders oder fremd wahrgenommen werden, ist weder konservativ noch katholisch. Den christlichen Glauben für solche Positionen zu beanspruchen, ist eine krasse Verzerrung der Botschaft Jesu."

Bischof Overbeck warnt vor Rechtsruck

Auch Essens Bischof Franz-Josef Overbeck warnte vorige Woche vor einem Rechtsruck in Teilen der katholischen Kirche: "Ich würde hier allerdings nicht den Begriff konservativ nutzen, denn es geht um religiös-reaktionäre Bewegungen." Diese würden "andere religiöse Deutungen als 'Häresien' abqualifizieren und sich im Besitz der einen absoluten Wahrheit wähnen".

Bischof Franz-Josef Overbeck / © Lars Berg (KNA)
Bischof Franz-Josef Overbeck / © Lars Berg ( KNA )

Aus Sicht des Psychologen Stephan Grünewald gelingt es der AfD, bei vielen Menschen "diffuse Erlösungshoffnungen" zu wecken. Die Partei suche Sündenböcke und schreibe "die ganze bedrohliche und komplexe Wirklichkeit den Regierenden zu", sagte er im Interview des "Tagesspiegel" (Sonntag): "Wenn wir die vom Hof jagen, kehrt die alte Seligkeit zurück! Die AfD profitiert von dieser Erlösungshoffnung."

(Aktualisiert am 20.08.2023 um 16:20 Uhr)

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Friedrich Merz / © Michael Kappeler (dpa)
Friedrich Merz / © Michael Kappeler ( dpa )
Quelle:
KNA