In Bolivien sind bei einem Einsatz des Militärs gegen protestierende Anhänger von Ex-Präsident Evo Morales sechs Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 30 Demonstranten wurden verletzt, wie die Tageszeitung «La Razón» am Dienstagabend (Ortszeit) berichtete. Drei Menschen seien durch Schüsse getötet worden, teilte die Organisation "Defensoría del Pueblo" (Verteidiger des Volkes) mit. Damit ist die Zahl der Toten bei den politischen Unruhen der vergangenen Wochen auf mindestens 24 angestiegen. Allein 20 Menschen starben bei Protesten seit dem 10. November, nachdem sich Jeanine Áñez zur Übergangspräsidentin ernannt hat.
Demonstranten hatten in der überwiegend von Indigenen bewohnten Stadt El Alto nahe La Paz eine Ölraffinerie besetzt. Die Situation eskalierte, als Militär und Polizei anrückten. Auf TV-Bildern ist zu sehen, wie die Sicherheitskräfte Tränengas einsetzen. Demonstranten hielten danach Projektile in die Kameras, mit denen auf sie geschossen worden sei. Verteidigungsminister Fernando López widersprach und sagte, das Militär habe nicht ein einziges Projektil eingesetzt.
Morales warf der Übergangsregierung auf Twitter vor, "im Stil von Militärdiktaturen meine Brüder in El Alto zu töten", die friedlich gegen den Putsch demonstriert hätten. Anhänger von Morales hatten Barrikaden um das Treibstoffwerk Senkata in El Alto errichtet, um damit gegen Übergangspräsidentin Jeanine Áñez zu protestieren. Unter starkem Militärschutz konnte am Dienstag ein Konvoi mit Tankwagen das Werk erstmals wieder in Richtung La Paz verlassen. Die Blockade hatte zu einem erheblichen Treibstoffmangel geführt und den öffentlichen Nahverkehr in La Paz nahezu zum Erliegen gebracht.
Morales war nach Protesten gegen das umstrittene Ergebnis der Präsidentschaftswahl und auf Druck des Militärs zurückgetreten. Er befindet sich im Exil in Mexiko. Seine Anhänger sprechen von einem Putsch und fordern seine Rückkehr ins Präsidentenamt.