Ausstellung über Kindesmissbrauch

Alles wird gut

Auf den ersten Blick geben die Bilder das Schreckliche nicht preis, das sie darstellen. Denn in den weichgezeichneten Fotografien mit den ungewöhnlich gestalteten Puppenstuben geht es um Kindesmissbrauch und Gewalt gegen Kinder. Bilder einer Ausstellung in Karlsruhe, die ungewollt aktuell ist.

Autor/in:
Peter Kohl
 (DR)

Erst bei näherem Hinsehen wird etwa erkennbar, dass der Computertisch im Arbeitszimmer mit Nacktfotos von Kindern gepflastert ist und dass diese Kinder auf dem Sessel, der neben dem Computer steht, fotografiert wurden.

Mit modellierbaren kleinen Puppen stellt die Fotografin und Multimediakünstlerin Katrin Jakobsen grausame Szenen nach, wobei sie den eigentlichen Akt des Missbrauchs ausspart. Sie zeigt das Davor und das Danach. Im Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) sind ihre Fotografien, Videos und Installationen von Freitagabend bis 25. Juli in einer ungewöhnlichen Ausstellung zu sehen, mit der auch die große Karlsruher Kunstinstitution neue Wege beschreitet.

So stellte ZKM-Geschäftsführerin Christiane Riedel am Donnerstag vor Journalisten fest, dass man sich bei der Ausstellungskonzeption und dem Erstellen des Begleitprogramms von örtlichen Kinderschutzorganisationen beraten ließ. Zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Ausstellung war allerdings nicht absehbar, welche dramatische Aktualität das Thema bekommen würde. Auch die Künstlerin bekannte, den Aspekt des Missbrauchs in Schulen, Vereinen und kirchlichen Einrichtungen bei der Arbeit an der Ausstellung nicht im Blick gehabt zu haben.

Anstoß Reise durch Kambodscha und Thailand
Den Anstoß dafür erhielt sie vielmehr bei einer Reise durch Kambodscha und Thailand, wo sie immer wieder beobachten konnten, wie sich Kinder Sextouristen anboten. Auch ihr selbst wurden mehrfach Angebote gemacht. Ihr sei schnell klar gewesen, dass sie solche Situationen nicht einfach fotografieren könne.

Mit der Puppenstube ihrer Tochter habe sie begonnen, die Szenen nachzustellen und zu fotografieren, um das Problem der Nichtdarstellbarkeit des Themas zu umgehen. Die Ausstellung mit ihrem bitterironischen Titel "alles wird gut" will den Besucher nicht gleich abschrecken und zeigt die brutaleren Darstellungen erst im zweiten Ausstellungsraum.

Durch Gucklöcher im Zaun blickt man in die grausamen Puppenstubenszenarien, die auf den Bildern festgehalten sind. Dabei sind Täter und Opfer in den unterschiedlichsten Konstellationen und Situationen zu erkennen: Mal geht es um Sextourismus in Fernost, mal um häusliche Gewalt, mal um gewerbsmäßige Kinderpornografie. Auf einem Schreibtisch steht ein Computermonitor, über den eine fiktive Webseite namens "Dumm.de" flimmert. Nur hörbar tritt ein schwer atmender Mann per E-Mail mit einem Mädchen in Kontakt, das ein Foto von sich ins Netz gestellt hat. Diese Installation, sagt die Künstlerin, wolle weniger die Männer angreifen als jene jungen Mädchen aufrütteln, die so dumm seien, Bilder mit aufreizenden Posen zu veröffentlichten, ohne die Konsequenzen zu bedenken.

Zu den verschiedenen Darstellungsformen gehört auch eine Bretterwand, die mit Jacobsens Fotografien beklebt ist. Es ist eine Anspielung auf die Guerilla-Plakataktionen der Künstlerin, bei denen sie mitten in Städten ihre Bilder plakatiert, um die Reaktionen von Passanten festzuhalten. Auch in Karlsruhe soll es eine solche Aktion geben.

Katrin Jacobsen, die bislang vor allem als international gefragte Fotojournalistin in Erscheinung trat, hat eine selbst eingerichtete Webseite zur Ausstellung und zu weiteren Aktivitäten ins Netz gestellt: www.alleswirdgut.com. Und auch die Seite www.zkm.de gibt Auskunft über die Ausstellung und das Begleitprogramm.