Katholische Kirche und Stadt feiern ein ganzes Jahr lang das Jubiläum mit Vorträgen, Führungen, Gottesdiensten, Ausstellungen und anderen Aktionen. Den Auftakt macht die Ausstellung "Caspar - Melchior - Balthasar. 850 Jahre Dreikönigenverehrung im Kölner Dom", die ab Samstag in der Domschatzkammer zu sehen ist. Den Schwerpunkt der Schau bis 25. Januar bilden der Reliquienschrein des Nikolaus von Verdun (um 1130 bis nach 1205) und die mittelalterliche Goldschmiedekunst des frühen 13. Jahrhunderts. In der Hubertuskapelle sind die verschiedenen Standorte des Schreines in der Kathedrale Thema. Und: Neben neuen kunsthistorischen Erkenntnissen gibt es eine "Sensation zum Dreikönigenjahr".
Erstmals seit 440 Jahren kehrt nämlich der wertvollste Schmuckstein des Schreins für vier Monate nach Köln zurück: der um 278 vor Christus entstandene Ptolemäer-Kameo aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien. Einst prangte das Relief in der Mitte der Trapezplatte des Schreines - bis er am 28. Januar 1574 geraubt wurde. Bei der Vorstellung der Ausstellung am Freitag zeigte sich Dompropst Norbert Feldhoff erfreut über die Leihgabe. Zugleich sicherte er zu, dass der Stein zurückgegeben werde - "auch wenn es mir schwer fällt".
Der Schrein, größtes und bedeutendstes Goldschmiedewerk des Mittelalters, war damals bei einer Morgenmesse bei geöffnetem Gitter für kurze Zeit unbewacht. Blitzschnell gelang es einem Dieb, eine Reihe wertvollster Kostbarkeiten abzureißen. Sofort nach Bekanntwerden des Raubes wurden die Stadtpforten verschlossen und eine Belohnung für Zeugen ausgesetzt. Dennoch gelang es nicht, Beute und Übeltäter zu finden.
Schmerzlichster Verlust war der zentrale Stein an der Trapezplatte, die das Häupterbrett mit den Schädelreliquien verschließt. Das Schmuckrelief zeigt Porträts des ägyptischen Königs Ptolemaios II. (283-246 vor Christus), seiner Schwester und Gattin Arsinoe II. sowie einer dritten Person. Aufgrund dessen wurde der Kameo im Mittelalter als Abbild der Heiligen Drei Könige interpretiert. 1952 konnte das Relief durch den Direktor des Rheinischen Landesmuseums, Eduard Neuffer, als Ptolemäer-Kameo in Wien identifiziert werden. Offenbar war das Raubgut über die Sammlung des Herzogs von Mantua in die kaiserlichen Sammlungen gelangt. Heute ist der aus einem zehnschichtigen indischen Sardonyx geschnittene Kameo ein Hauptexponat in der Antikensammlung des Museums.
Diebstähle, Unfälle und Veränderungen
Dass der Schrein im Kölner Dom tatsächlich auf Nikolaus von Verdun zurückgeht, ist eines der Forschungsergebnisse, die die Kunsthistorikerin Dorothee Kemper in rund elfjähriger Arbeit erzielt hat und die zum Teil in der Schau vorgestellt werden. In ihrem dreibändigen Werk "Die Goldschmiedearbeiten am Dreikönigenschrein: Bestand und Geschichte seiner Restaurierungen im 19. und 20. Jahrhundert" seien zudem erstmals sämtliche Bestandteile des 1,53 Meter hohen, 1,10 Meter breiten und 2,20 Meter langen Schreins dokumentiert, analysiert und datiert worden.
Auch Kempers Werk verzeichnet Diebstähle, Unfälle und Veränderungen, die der Schrein über die Jahrhunderte erlebt hat. Der wohl frechste Raub datiert auf 1820, als sich ein Dieb im Dom einschließen ließ und fast alle Beschläge an der Stirnseite des goldenen Gefäßes entfernte. "Er wurde erwischt und schlimm bestraft", so Kemper. Überhaupt seien fast alle gestohlenen Objekte wieder aufgetaucht. Gelegentlich wurde dem Reliquienschrein auch heftig zuleibe gerückt: Als er 1794 vor französischen Revolutionstruppen in Sicherheit gebracht wurde, entstanden so große Schäden, dass er um 40 Zentimeter gekürzt wurde. Diese Maßnahme machten Restauratoren zwischen 1961 und 1972 rückgängig.
Ähnlich wie seine "Bewohner" einst zur Krippe von Bethlehem, so zog der Reliquienschrein über die Jahrhunderte quer durch den Dom. Auch dazu ist in der Ausstellung viel zu erfahren.