Austrittswelle in Evangelischer Kirche bleibt offenbar aus

Kaum Auswirkungen nach Studie?

Trotz der Veröffentlichung der ForuM-Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und der Diakonie treten Protestanten offenbar nicht vermehrt aus ihrer Kirche aus. Das zeigen einige aktuelle Stichproben.

Studie zu Missbrauch in evangelischer Kirche / © Julian Stratenschulte (dpa)
Studie zu Missbrauch in evangelischer Kirche / © Julian Stratenschulte ( dpa )

Die stichprobenartige Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) in großen, eher protestantisch geprägten Städten ergab weitgehend gleichbleibende Austrittszahlen. 

In Berlin traten nach Angaben der Amtsgerichte im ersten Quartal des Jahres 2024 3.558 Menschen aus der evangelischen Kirche aus. Im ersten Quartal 2023 waren es 3.576 gewesen. In Hannover hätten zwischen Januar und März 1.134 Menschen die evangelische Kirche verlassen, teilte die Stadt dem epd mit, im Vergleich zu 1.110 Menschen im Vorjahreszeitraum.

Rückgang der Austrittszahlen in Bielefeld

Bielefeld verzeichnete sogar einen merkbaren Rückgang der Austrittszahlen. Hier beim Amtsgericht erklärten im ersten Quartal 640 Protestantinnen und Protestanten ihren Austritt. In den ersten drei Monaten 2023 waren es 762. Auch in Stuttgart ging nach Angaben des Standesamts die Zahl der Kirchenaustritte zurück: von 926 Personen im ersten Quartal 2023 auf 844 im ersten Quartal 2024.

EKD-Missbrauchsstudie / © Jens Schulze (epd)
EKD-Missbrauchsstudie / © Jens Schulze ( epd )

Die Zahlen verharrten damit auf dem vergleichsweise hohen Niveau der vergangenen Jahre. Sie sind allerdings nicht repräsentativ. Die Wege zum Kirchenaustritt unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. In einigen erklärt man seinen Austritt bei Bürger- oder Standesämtern, in anderen beim Amtsgericht.

Ende Januar hatte ein unabhängiges Forschungsteam die ForuM-Studie vorgestellt. Es geht darin von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern aus, vermutet aber eine deutlich höhere Dunkelziffer.

Missbrauchsstudie der Evangelischen Kirche

Die Zahl der Missbrauchsopfer in der evangelischen Kirche und Diakonie ist viel höher als bislang angenommen. Laut einer Studie sind seit 1946 in Deutschland nach einer Hochrechnung 9.355 Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht worden. Die Zahl der Beschuldigten liegt bei 3.497. Rund ein Drittel davon seien Pfarrpersonen, also Pfarrer oder Vikare. Bislang ging die evangelische Kirche von rund 900 Missbrauchsopfern aus. Die Forum-Studie wurde von einem unabhängigen Forscherteam erarbeitet und in Hannover veröffentlicht.

Gedruckte Ausgaben der Studie zu Missbrauch in der evangelischen Kirche liegen auf einem Tisch / © Sarah Knorr (dpa)
Gedruckte Ausgaben der Studie zu Missbrauch in der evangelischen Kirche liegen auf einem Tisch / © Sarah Knorr ( dpa )

 

Quelle:
epd