domradio.de: Wenn ich also über die Autobahn fahre und dann kommt das Schild "Autobahnkirche Siegerland". Warum sollte ich dann bei Ihnen anhalten?
Ute Pohl (Vorsitzende des Fördervereins Autobahnkirche Siegerland e. V.): Erstens sind wir als Autobahnkirche eine besondere Form von Kirche. Wir sind ökumenisch, bieten also ein offenes Haus für alle Menschen. Wir sind sicherlich dadurch auch besonders, dass wir eine spezielle Architektur haben. Man sieht uns auch schon von weitem. Wir sind eine Kirche, die sich mitten in den Weg stellt. Wenn Sie von der Autobahn A45 von Nord nach Süd fahren, dann wirkt diese Kirche mit dem Bild, das sie gibt, für sich.
domradio.de: Sie haben auch schon mehrere Architekturpreise bekommen.
Pohl: Das ist richtig. Wir haben insgesamt fünf gewonnen, der sechste wird uns im November vom Land NRW für vorbildliche Bauten verliehen werden. Und ein ganz besonders schöner Preis, über den wir uns sehr gefreut haben, ist ein Publikumspreis. Wir sind ausgezeichnet worden als das spektakulärste religiöse Gebäude des Jahres 2014.
domradio.de: Was erwartet den Besucher, wenn er in diese besondere Kirche hineingeht?
Pohl: Ich muss schon außen anfangen. Denn wenn man vor dieser Kirche steht, dann kommen einem die zwei Türme der Kirche in den Blick. Da gibt es auch diese schöne Geschichte: Sie kennen bestimmt den Schauspieler Christian Bale, den Batman-Darsteller. Er hatte unsere Kirche schon auf seiner Internetseite, untertitelt mit den Worten "Woran erinnert dich denn diese?"
domradio.de: Vielleicht an den Kölner Dom?
Pohl: (lacht) Nein, also die Türme sind schon ein bisschen anders. Es ist außerdem eine weiße, schwebende Kirche, etwas futuristisch. Und wenn sie nach innen kommen, dann hören wir von Besuchern immer ein "oh" und ein "ah", weil es eben komplett das Gegenteil ist von dem, was sie draußen gesehen haben. Sie kommen in einen spirituellen Raum, in eine Kuppel, in eine warme Atmosphäre, die von Holz geprägt ist und richten das Auge auf ein großes weißes Kreuz, das unter einem der beiden Türme steht und vom Sonnenlicht umspielt wird. Es ist eine magische und spirituelle Atmosphäre, die einen bannt und zur Ruhe kommen lässt. Kinder sagen manchmal: "Diese Kirche ist wie ein Märchen".
domradio.de: Es ist eine ökumenische Kirche haben Sie gesagt. Gibt es auch regelmäßig Gottesdienste bei Ihnen?
Pohl: Unser Ziel ist es, eine Kirche für Menschen unterwegs zu sein, die 24 Stunden geöffnet ist. Von daher sind wir mit Veranstaltungen sehr sparsam. Aber es gibt jeden Freitagabend um 18 Uhr, ganz gleich ob Feiertag oder nicht, eine Andacht. Und die hat sich auch zu einem Herzstück entwickelt. Sie wird gestaltet von geistlichen oder nicht geistlichen Männern oder Frauen, katholisch, evangelisch oder freikirchlich. Und genauso bunt gemischt ist das Publikum, was sich dort einfindet. Menschen von der Autobahn, die von Reisen kommen, Menschen aus der näheren oder weiteren Umgebung. Wir singen und beten dort für eine halbe Stunde gemeinsam, halten inne bei unserem Gott - ganz gleich, welches Gesangbuch wir zu Hause liegen haben.
domradio.de: Ist es jetzt in der Ferienzeit besonders voll bei Ihnen?
Pohl: Ja, die Frequenz der Menschen ist natürlich höher. Wir sehen das auch immer an den vielen Opferlichtchen, die genutzt werden. Wir hatten jetzt einen Tag, an dem über 80 Kerzen angezündet wurden. da bedeutet, dass etwa 200 bis 300 Menschen dann an diesem Tage dort waren. Es zündet nicht jeder ein Licht an und es gibt so einen Schlüssel, mit dem man das errechnen kann. Wir sehen es auch im Anliegenbuch. Dort schreiben Menschen eben, 'Wir danken für unsere glückliche Motorradreise von Italien hierher' oder 'Beschütze uns auf dem Weg nach Kroatien in den Urlaub'.
Das Interview führte Matthias Friebe