Die Frage nach Gott ist eine, die immer aktuell ist und wahrscheinlich auch noch viele Generationen überleben wird. Der Autor und Journalist Rolf Bauerdick möchte sich ihr in seinem neuem Buch "Wenn Gott verschwindet, verschwindet der Mensch" annehmen. Entstanden ist ein Werk, das durch persönliche Erfahrungen des Autors, Einschätzungen und Geschichten der Frage nach Gott nachgehen soll. Denn die Freiheit, so der studierte Theologe, haben den Menschen erlaubt, sich von Gott zu verabschieden - und doch nach ihm zu fragen.
Bauerdick selbst scheint sich stark mit diesem Thema auseinandergesetzt zu haben. So berichtet er etwa über Gespräche mit seinem ungarischen Priester-Freund Istvan, mit dem er sich "den Kummer von der Seele" lästert. Von "Mahnreden zu Weihnachten und Ostern" der Vertreter christlicher Kirchen, die Richtiges sagen, jedoch scheinbar nichts mehr in den Menschen auslösen. Sie scheuten jedes Risiko und klängen wie Parteiprogramme im Wahlkampf. Und davon, dass das Bekennen zum Glauben bedeute, sich permanent aufregen zu müssen - weniger jedoch über Gott, als über "Gottes irdische Stellvertreter", die "einen bei der Vollstreckung des himmlischen Heilsplans bis an die Grenzen zum Infarkt" trieben.
Was bleibt?
Und doch trägt Bauerdicks Werk, anders als seine Worte vermuten lassen, den Untertitel "Eine Verteidigung des Glaubens". So beschreibt er Papst Franziskus' Aufforderung, "an die Ränder zu gehen", als einen Versuch, den Katholizismus wieder näher an die Botschaft Jesu' heranzuführen. Auch Kardinal Ratzingers Frage nach dem "Was bleibt?", gestellt in einer Predigt zur Papstwahl, beschäftigt ihn. Ratzinger beantwortet sie mit "Das Einzige, was ewig bleibt, ist die menschliche Seele, der von Gott für die Ewigkeit erschaffene Mensch" - Bauerdick bekennt, sofort zustimmen zu wollen.
Aber er lässt auch Zweifel durchblicken: Ist es das, was bleibt? Denn die Wahrheit um die Idee des christlichen sei nicht beweisbar wie etwa mathematische Gesetze. Und gibt es die Seele?
Glaube ist genug
In vielen kleinen Geschichten schreibt Bauerdick über seine Erfahrungen mit Gott und dem Glauben. Etwa, als er als Journalist auf Padre Roberto aus Mexiko trifft, der in einer armen Gegend wohnt. Jede Woche hält er die Heilige Messe inmitten von Müllbergen für die dort beschäftigten Müllmänner. An Aschermittwoch tragen die Männer ihr Aschekreuz den ganzen Tag auf der Stirn - denn: Es "machte die Menschen gleich", resümiert der Autor. Der Padre selbst machte in seiner Kindheit viele negative Erfahrungen mit dem Katholizismus.
Doch er glaubte weiterhin, und zwar "an die Idee vom Menschen, der nicht dazu geboren war, im Staub zu kriechen. Er sah im Menschen das Ebenbild Gottes. Er glaubte. Das war alles."
Religiöser Fanatismus
Bei seinen Analysen und Gedankengängen setzt sich Bauerdick auch immer mit Aussagen von Theologen, Philosophen und Religionskritikern auseinander, etwa Karlheinz Deschner, Ludwig Wittgenstein, Rüdiger Safranski, Herbert Haag oder Karl Rahner. Dabei geht er auch aktuellen Ereignissen nach, etwa religiösem Fanatismus. Er begibt sich auf die Suche nach der Antwort auf die Frage, warum Menschen aus religiöser Überzeugung töten - und sieht etwa den Auslöser für das Attentat auf die Redakteure des Satire-Magazins "Charlie Hebdo" darin, dass sie "Männern, die sich für Gläubige hielten, ihre Lebenslüge spiegelten". Die Attentäter "unter den Taliban, al-Qaida und dem 'Islamischen Staat'" seien aufgrund ihres Mangels an Glauben zu diesen geworden.
Das Werk führt den Leser nicht anhand einer strikten Argumentation Für und Wider des Glaubens an Gott an die Frage nach ihn ran. Auch wirkt das Buch nicht wie ein Lebensratgeber - und genau das soll es auch nicht sein, wie der Autor selbst betont. Bauerdick Erzählungen drehen sich um Religion und Glauben - und mit seinen Geschichten und offenen Fragen will der Autor den Leser dazu animieren, eigene Schlüsse aus den Erfahrungen und Gedanken zu ziehen.