Bayerisches Verfassungsgericht weist Klage ab

Das Kopftuch bleibt verboten

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat eine Popularklage gegen das Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen abgewiesen. Das bayerische Landesrecht verstoße nicht gegen die Verfassung des Freistaats, urteilten die Richter am Montag. Die Klage der "Islamischen Religionsgemeinschaft" (IRG) in Berlin gegen eine entsprechende Regelung des bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes sei unbegründet.
Prof. Peter Beer ist Leiter des Katholischen Büros in München und kommentiert im domradio die Entscheidung des Verfassungsgerichts.

 (DR)

"Norm, nicht Auslegung"
Der Staat darf nach dem Urteil im Rahmen der Schulaufsicht regeln, inwieweit Lehrkräfte an öffentlichen Schulen religiöse Symbole tragen dürfen. Dies greife zwar in die Religionsfreiheit der Lehrer ein. Der Normgeber müsse jedoch zwischen diesem Recht und den Grundrechten von Schülern und Lehrern sowie dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag abwägen. Die in der bayerischen Vorschrift gefundene Lösung sei auch mit Blick auf das staatliche Neutralitätsgebot nicht zu beanstanden.

Die Richter betonten, dass sich das Gericht nur mit der Norm als solcher, nicht aber mit ihrer Auslegung auf ein bestimmtes Kleidungsstück hin zu befassen gehabt habe. Der Klägeranwalt sprach infolgedessen davon, dass das Urteil keine Bestätigung des Kopftuchverbots sei. Muslimischen Lehrerinnen stehe es weiterhin frei, gegen diese Praxis die Verwaltungsgerichte anzurufen. Letztlich werde das Bundesverfassungsgericht über diese Streitigkeiten entscheiden.

Die Islamische Religionsgemeinschaft bedauerte das Urteil. Sie kündigte an, ihre Verfassungsbeschwerden gegen Gesetze anderer Bundesländer weiter zu verfolgen. Derzeit klagt die Organisation auch gegen das hessische Gesetz.

Gesetz wurde 2004 erlassen
Im Zuge des Kopftuchstreits hatte die CSU im November 2004 gegen die Stimmen von SPD und Grünen im Landtag ein Gesetz beschlossen, das auf ein Verbot des islamischen Kopftuchs für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen zielt, ohne dass dies in der Vorschrift konkret erwähnt wird. Verboten sind demnach bestimmte äußere Symbole und Kleidungsstücke, die eine religiöse und weltanschauliche Überzeugung ausdrücken. Es gilt für den Fall, dass diese bei den Schülern oder Eltern als Ausdruck einer Haltung verstanden werden können, die mit den Grundwerten der Verfassung und den christlich-abendländischen Bildungswerten nicht vereinbar sind. Damit wollte die CSU sicherstellen, dass die Tracht katholischer Ordensleute von dem Verbot ausgenommen ist.

Eine Bevorzugung des Christentums zum Nachteil anderer Religionen erkannten die Richter durch diese Vorschrift nicht. Ungeachtet seiner religiösen Bezugnahme umschreibe der Begriff der christlich-abendländischen Bildung die "von konkreten Glaubenshinhalten losgelöste, in der Bayerischen Verfassung verankerte Wertewelt".

Politisches Symbol?
Im Streit um das Kopftuchverbot geht es meist um die Frage, ob das Kleidungsstück für Abschottung und eine Unterordnung der Frau steht.
"Das Kopftuch kann als politisches Symbol des islamischen Fundamentalismus eine Haltung zum Ausdruck bringen, die sich gegenüber den Werten der westlichen Gesellschaft abgrenzt", erklärt das bayerische Kultusministerium. Für das NRW-Schulministerium sagt Sprecher Herbert Spies: "Die Landesregierung ist der Auffassung, dass das Tragen eines Kopftuches ein politisches Symbol ist."

Dagegen betonen islamische Verbände, dass das Tuch ein religiöses Gebot sei, und kritisieren die unterschiedlichen Verbote. Der Zentralrat der Muslime erklärte zum Düsseldorfer Schulgesetz: "Muslimischen Frauen mit Kopftuch, welche den Lehrerberuf anstreben, zu unterstellen, dass sie für eine mindere Stellung der Frau in Gesellschaft, Staat und Familie stehen, ist absurd."

"Das verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz"
Gegen die bayerische Regelung klagte die "Islamische Religionsgemeinschaft" aus Berlin. Die Organisation wehrt sich gegen die Ungleichbehandlung von Kopftuch und Ordensgewand. Auch der Kölner Kirchenrechtler Stefan Muckel hält die Unterscheidung für problematisch. "Das verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Zu sagen die Ordenstracht geht an öffentlichen Schulen und das Kopftuch nicht, das funktioniert nicht", sagt der Professor.

In Stuttgart erlaubte das Verwaltungsgericht einer Lehrerin mit Kopftuch im vergangenen Juli, das Tuch weiter im Unterricht zu tragen. Solange Nonnen mit Ordensgewand unterrichten dürften, könne einer muslimischen Lehrerin das Kopftuch nicht verwehrt werden. Damit sei nicht das Gesetz gekippt worden, sondern nur dessen Anwendung, betont Muckel. Auch in NRW beharren laut Schulministerium zwölf Lehrerinnen weiter auf ihrem Kopftuch.