Bayerns Justizminister fordert mehr Transparenz der Kirche

Auf Missbrauchsopfer empathischer zugehen

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich hat die katholische Kirche aufgefordert, beim Thema Missbrauch "mehr Transparenz" zu schaffen. Sie müsse lückenlos aufklären und sich ihrer Verantwortung stellen, sagte der CSU-Politiker.

Georg Eisenreich / © Matthias Balk (dpa)
Georg Eisenreich / © Matthias Balk ( dpa )

"Aus meiner Sicht muss sie die Betroffenen in den Mittelpunkt stellen, empathischer auf sie zugehen und eine unabhängige Beratung sicherstellen." Wenn die Kirche selbst keine Verbesserung herbeiführe, müsse der Staat handeln. "Es darf kein Sonderrecht oder irgendeinen Bonus für Kleriker geben. Niemand steht über dem Gesetz - kein Geistlicher, kein Wirtschaftsboss, kein Politiker", erklärte der CSU-Politiker gegenüber der "Augsburger Allgemeinen" (Freitag).

Türme der Münchener Liebfrauenkirche / © Antonio Gravante (shutterstock)
Türme der Münchener Liebfrauenkirche / © Antonio Gravante ( shutterstock )

Dem Blatt zufolge hat Eisenreich dem Bayerischen Landtag einen Bericht vorgelegt, der sich mit den strafrechtlichen Konsequenzen des im Januar 2022 vorgestellten Missbrauchsgutachten für das katholische Erzbistum München und Freising, dessen Vorläufer von 2010 sowie der bundesweiten MHG-Studie der Deutschen Bischofskonferenz von 2018 befasst.

800 Fälle staatsanwaltschaftlich überprüft

Dem Minister zufolge wurden mehr als 800 Fälle staatsanwaltschaftlich überprüft. Bei 243 Fällen seien Kleriker die Verdächtigen gewesen - zu einer Anklage sei es nur in einem Fall gekommen. Die Zahlen liegen laut Bericht der Zeitung vor. Viele Fälle seien demnach verjährt, in manchen Fällen die mutmaßlichen Täter verstorben.

Der Justizminister forderte die Opfer auf, sich an die Behörden zu wenden. "Die wichtigsten Quellen für die Strafverfolgungsbehörden sind nicht Gutachten oder Studien, sondern Strafanzeigen von Geschädigten und Hinweise von Zeugen. Darauf sind wir angewiesen", sagte er dem Blatt: "Entscheidend ist, dass Anzeige erstattet wird."

Missbrauchsgutachten: Schwere Vorwürfe gegen Benedikt XVI. und Kardinal Marx

Das lange erwartete Missbrauchsgutachten für das Erzbistum München-Freising belastet amtierende und frühere Amtsträger schwer, darunter auch den emeritierten Papst Benedikt XVI.

Joseph Ratzinger habe sich in seiner Amtszeit als Münchner Erzbischof (1977-1982) in vier Fällen fehlerhaft verhalten, heißt es in der am Donnerstag in München vorgestellten Untersuchung der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW). Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, werfen die Anwälte unter anderem vor, sich nicht ausreichend um Fälle sexuellen Missbrauchs gekümmert zu haben.

Münchner Missbrauchsgutachten / © Sven Hoppe/DPA-Pool (KNA)
Münchner Missbrauchsgutachten / © Sven Hoppe/DPA-Pool ( KNA )
Quelle:
KNA