Bayrische Regierung und Kirche starten Zukunftsprogramm in Westafrika

Deutsches Know-how für den Senegal

Der Senegal gilt als ein Schlüsselstaat für die Migration von Afrika nach Europa. Bayerns Staatsregierung hat nun mit Hilfe der Kirche ein Programm für die Bleibeperspektiven junger Leute gestartet. Ein Besuch vor Ort.

Autor/in:
Marion Krüger-Hundrup
Der Senegalese Djabel / © Marion Krüger-Hundrup (dpa)
Der Senegalese Djabel / © Marion Krüger-Hundrup ( dpa )

Mitten in der 200.000 Einwohner zählenden Stadt Thies im westafrikanischen Senegal soll spätestens im Mai 2018 die weiß-blaue Rautenfahne wehen. Nämlich am bayerisch-senegalesischen Kompetenzzentrum für Beschäftigung und Zukunft. Derzeit wird in dem Haus, das der Diözese Thies gehört, noch eifrig gehämmert, getüncht, gefliest: "Wir werden termingerecht fertig", versichert Architektin Gisee Coumba Faye. Ende Februar will sich die bayerische Europaministerin Beate Merk (CSU) vom Fortschritt überzeugen. Dann soll die Baustelle aufgeräumter aussehen und die Photovoltaik-Anlage installiert sein.

Zusammenarbeit von Staat und Kirche

Ehrgeizig klingt das Ziel allemal. Die Einrichtung soll künftig dabei helfen, jungen Senegalesen Einkommens- und Zukunftsperspektiven in ihrer Heimat zu geben. Um Fluchtursachen zu bekämpfen, investiert die Staatsregierung im Zuge eines Sonderprogramms drei Millionen Euro in der Region Thies. Sie tut dies in Kooperation mit dem Erzbistum Bamberg und dem Bistum Thies, die seit elf Jahren partnerschaftlich verbunden sind.

"Wir schaffen einen echten Mehrwert, wenn sich der Erfahrungsschatz der Kirche mit ihrer profunden und langjährigen Kenntnis der Verhältnisse vor Ort und das politische Engagement der Staatsregierung gegenseitig verstärken", sagte Merk der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Das Projekt "Erfolgreich im Senegal mit Bayern", das die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit als Träger durchführe, baue auf dieser Partnerschaft auf und beziehe die Diözesen bei der Umsetzung ein.

Wenig Wissen über Asylsystem in Europa

Der Finanzdirektor des Bistums Thies, Abbe Ambrois Tine, glaubt fest an diese Verbindung. Der 63 Jahre alte Priester weiß nur zu gut, dass der Senegal zu den Schlüsselstaaten für die Migration von Afrika nach Europa zählt. Trotz eines Wirtschaftswachstums von rund sechs Prozent sind viele arbeitslos. Etwa 30 Prozent der Hochschulabsolventen finden keinen Job. 45 Prozent der Jugendlichen verfügen über keine Berufsausbildung. Sie träumen vom "Paradies Europa".

Tausende verlassen jährlich den Senegal, überwiegend auf dem mörderischen Weg über das Mittelmeer oder den Atlantik. Die wenigsten wissen, dass die Anerkennungsquote von Asylsuchenden aus ihrem Land nur 1,4 Prozent beträgt. Der 29-jährige Djabel ist einer von jenen, der 65 Euro an Schlepper bezahlte für einen Platz in einer seeuntauglichen Piroge. Zwei Tage und zwei Nächte brauchte das mit 30 Personen überfüllte Boot bis Las Palmas: "Das Rote Kreuz hat uns versorgt und dann wieder mit dem Flugzeug nach Marokko zurückgeschickt." Seit drei Monaten ist der junge Mann wieder in Thies: "Wenn ich gute Arbeit finde, bleibe ich, aber die gibt es nicht!" Er will erneut weg. "Sterben schreckt mich nicht, aber ein Leben im Senegal ohne Zukunft." 

Dank bayerischer Unterstützung geht Victor Sakagne Tine (21) einen anderen Weg. Vor einigen Wochen begann er im Don-Bosco-Zentrum der Diözese Thies einen neuen Ausbildungslehrgang zum Solartechniker. "Erneuerbare Energien sind wichtig für den Senegal", erklärt Victor. Er will fleißig lernen und hofft, nach dem Abschluss auch Arbeit zu finden "und meinem Land bei der Entwicklung helfen zu können".

Erzbistum Bamberg will Entwicklungshelfer schicken

Berufliche und wirtschaftliche Perspektiven seien besser als die gefährliche Reise nach Europa. Das haben ihm seine Lehrer beigebracht. Denn auch diese Aufklärung gehört zum Programm dieser Projekte, die Menschen fit machen sollen unter anderem für eine moderne Agrarwirtschaft. Im Kompetenzzentrum sollen künftig Fort- und Weiterbildungen sowie Wirtschaftsdialoge angeboten werden. Das Erzbistum Bamberg wird dafür einen Entwicklungshelfer entsenden.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick weist indes entschieden den möglichen Vorwurf zurück, die Kirche wolle sich auf diese Weise Flüchtlinge vom Hals halten: "Eine Obergrenze für die Hilfe an Flüchtlingen kann es für einen Christen nicht geben." Gleichwohl sei es ein "humaner Akt und damit eine Christenpflicht, Fluchtursachen zu bekämpfen, um Menschen davor zu bewahren, zu Flüchtlingen zu werden".


Quelle:
KNA