Begräbnis von Corazon Aquino wird politische Demonstration

Das Vermächtnis der Präsidentin

Noch einmal mobilisierte Corazon Aquino die Massen: Mehr als 100.000 Menschen gaben am Mittwoch in Manila der ehemaligen Staatspräsidentin der Philippinen das letzte Geleit.

Autor/in:
Michael Lenz

Der Trauerzug bewegte sich von der Kathedrale der Hauptstadt zum "Manila Memorial Park", wo Aquino am Nachmittag zur letzten Ruhe gebettet wurde. Aquino war der katholischen Kirche eng verbunden. Der Sarg von "Tante Cory", wie ihre Anhänger sie liebevoll nannten, war bedeckt von der philippinischen Flagge und stand auf einem Bett von gelben Blumen. Gelb war die Farbe der friedlichen Revolution, die unter der Führung von Aquino selbst und dem damaligen Erzbischof von Manila, Kardinal Jaime Sin, 1986 den Diktator Ferdinand Marcos stürzte.

Die am Samstag verstorbene Politikerin wurde in einem einfachen Grab neben ihrem Ehemann Senator Benigno "Ninoy" Aquino beigesetzt, dessen Ermordung 1983 durch Marcos-Getreue den Widerstand gegen den Diktator auslöste. Drei Jahre später kam es zum Sturz des Regimes. Corazon Aquino gewann die darauffolgenden Wahlen zum Präsidentenamt der Philippinen und wurde damit als erste Frau überhaupt Staatschefin eines asiatischen Landes. Dennoch lehnte ihre Familie ein Staatsbegräbnis für Aquino ab.

Stattdessen nutzten viele Teilnehmer den Trauerzug, um gegen die aktuelle Präsidentin Gloria Arroyo zu protestieren. Der Amtsinhaberin wird seit längerem schon Korruption, Machtmissbrauch und Wahlmanipulation vorgeworfen. Auch Corazon Aquino hatte sich zu einer entschiedenen Gegnerin Arroyos gewandelt. Noch von ihrem Krankenbett aus schrieb sie im Juni eine Grußbotschaft an die Demonstranten. Es gebe wohl nichts, "was mir größere Schmerzen verursacht, als zu erleben, dass unser Volk wieder und wieder von denen betrogen wird, die gewählt worden sind um eben diesem Volk zu dienen", heißt es in dem Schreiben.

Aufbahrung in der Kathedrale
Auch die katholische Kirche, der Aquino eng verbunden war, kritisierte die gegenwärtige Regierung, ohne jedoch Arroyo beim Namen zu nennen. "Die Republik der Philippinen braucht eine neue Corazon Aquino, die das philippinische Volk eint", sagte Kardinal Gaudencio Rosales, Erzbischof von Manila. Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen im Mai 2010 forderte der Kardinal, es sollten nur solche Politiker kandidieren, die über die gleichen Charaktereigenschaften und Werte verfügten wie "Cory und Ninoy".

Dazu passte, dass die Kirche mit der Aufbahrung von Aquinos Leichnam in der Kathedrale der Politikerin eine ganz besondere Ehre zuteilwerden ließ. Normalerweise ist dies ausschließlich verstorbenen Erzbischöfen vorbehalten. Die Kirche wollte auf diese Weise wohl das enge Band betonen, das Cory Aquino mit dem 2005 verstorbenen und in der Kathedrale beigesetzten Kardinal Sin verband, vermuten politische Beobachter.

Zu historischen Szenen war es bereits vor Beginn des Requiems gekommen. Am Sarg Aquinos trafen die beiden mächtigsten und miteinander verfeindeten Familien des Landes zusammen. Die Kinder von Diktator Ferdinand Marcos erwiesen der Politikerin die letzte Ehre. Die Kinder Aquinos dankten dafür mit freundlichen Worten. Zugleich stellten sie klar, dass die Begegnung nicht als Zeichen der Versöhnung mit der Familie jenes Mannes gedeutet werden könne, der für den Mord an ihrem Vater verantwortlich sei.

Das Erscheinen der umstrittenen Präsidentin Arroyo bei den Trauerfeierlichkeiten kommentierten die Aquinos gegenüber philippinischen Medien mit den Worten, sie seien von ihren Eltern zum Respekt gegenüber ihren Mitmenschen erzogen worden. Es wäre "unhöflich" gewesen, Arroyo nahezulegen, nicht zu erscheinen.

Papst Benedikt XVI. hatte am Wochenende in einem Beileidstelegramm Aquino für ihren mutigen Einsatz für die Freiheit ihres Volkes gewürdigt. Er lobte Aquinos entschiedene Absage an Gewalt und Intoleranz und hob ihren Beitrag für eine gerechte Staatsordnung hervor. Er bete, dass der "tiefe und standhafte Glaube", dem die Politikerin im Leben gefolgt sei, jetzt überreiche Erfüllung finde, heißt es in dem vom Vatikan veröffentlichten Schreiben.