Bei der Berlinale überzeugen kleinere Filme

Im Schatten der Großen

Knapp über die Hälfte der 20 Filme, die um einen Goldenen Bären konkurrieren, sind bei der Berlinale bereits gezeigt. Es zeichnet sich ein relativ starker Jahrgang ab, in dem es einmal mehr die "kleineren" Filme sind, die den stärkeren Eindruck hinterlassen.

Autor/in:
Barbara Schweizerhof
 (DR)

Während in den ersten Tagen die Premieren von Roman Polanskis "The Ghost Writer" und Martin Scorseses "Shutter Island" - beides mit hochkarätigen Hollywoodstars besetzte Bestsellerverfilmungen - das volle Scheinwerferlicht und die geballte Aufmerksamkeit des Festivalbetriebs auf sich zogen, erlebten im Schatten dessen zwei Filme ihre Aufführung, die als ernsthafte Kandidaten für die Bären-Vergabe am Samstag infrage kommen.

Submarino
Es ist über zehn Jahre her, dass Thomas Vinterberg mit seinem Film "Das Fest" nicht nur den Jury-Preis in Cannes gewann, sondern mit dem Missbrauchsdrama weltweit für Diskussionsstoff sorgte. Nach unglücklichen Ausflügen in amerikanische Großproduktionen ("It's All About Love"), untergegangenen Experimenten im Independent-Bereich ("Dear Wendy") und diversen Fernseharbeiten kehrt der 40-jährige Däne Vinterberg nun mit einem kraftvollen und bedrückenden Sozialdrama zurück. In seinem Film "Submarino" geht es um zwei Brüder, deren Kindheit von Armut und einer alkoholkranken Mutter geprägt war. Die Traumata ihres Aufwachsens hängen ihnen auch im Erwachsenenalter noch nach.

Von Nick, dem älteren Bruder, erfährt man zu Beginn des Films, dass er gerade aus dem Gefängnis kommt, sein jüngerer Bruder lebt als Drogenabhängiger und alleinerziehender Vater eines Sechsjährigen in nicht weniger prekären Umständen. In Aufnahmen, aus denen die Farbe verbannt scheint und die soziale Kälte mit dem beständigen Grau des Himmels in Trostlosigkeit harmoniert, führt der Film zwei Leben vor Augen, in denen es immer noch schlimmer kommt. Vinterberg gelingt damit eine Erzählung von einer Dichte und Eindringlichkeit, der sich der Zuschauer kaum entziehen kann.

If I Want To Whistle, I Whistle
Thematisch ähnlich ist der rumänische Wettbewerbsbeitrag angelegt. Auch in Florian Serbans "If I Want To Whistle, I Whistle" geht es um ein Brüderpaar, das im sozialen Abseits lebt und weitgehend ohne Mutter auskommen muss. Allerdings entfaltet sich die Handlung diesmal ganz in den engen Grenzen einer Jugendhaftanstalt. Dort sitzt der 17-jährige Silviu seine Haft ab. Er steht wenige Tage vor seiner Entlassung, als sein kleiner Bruder ihm bei einem Besuch eröffnet, ihre in Italien arbeitende Mutter sei angereist, um ihn, den kleinen, abzuholen.

Erst nach und nach enthüllt der Film, welche Verstörung und Entrüstung diese Mitteilung bei Silviu auslöst. Er sieht sich zu Handlungen gezwungen, die seine Freilassung gefährden könnten. Zu misstrauisch gegen seine Umwelt, um jemandem von der Dringlichkeit seines Anliegens zu erzählen, begeht Silviu schließlich eine Verzweiflungstat. Mit präzisem Sinn für die kleinen Details der emotionalen Entwicklung und einer stillen Intensität schafft es der Film, die Sympathien des Publikums zu gewinnen.

Greenberg
Es ist anzunehmen, dass er sich auch der Berlinale-Jury unter Vorsitz von Werner Herzog eingeprägt hat, zumal die Ansätze, das Wettbewerbsprogramm mit leichterer Kost aufzufüllen, sich eher als enttäuschend erwiesen haben: Zhang Yimou, der in Berlin 1988 mit seinem "Roten Konrfeld" als erster Chinese den Goldenen Bären gewann, lieferte mit "A Woman, A Gun And A Noodle Shop" ein zwar farbenfrohes, zugleich aber dramaturgisch mattes Remake der schwarzen Komödie "Blood Simple" der Coen-Brüder, während die amerikanische Produktion "Greenberg" von Noah Baumbach einen Ben Stiller in der Hauptrolle präsentieren wollte, der einmal nicht auf die klassische Ben-Stiller-Blödel-Art, sondern auf ernstere und tiefgründigere Weise lustig sein sollte, aber an diesem Anspruch mit einem schwachen Drehbuch scheiterte.