Der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Jens-Christian Wagner, beklagt respektloses Verhalten vieler Menschen in der Nähe von Gedenkstätten. Er habe in den vergangenen Tagen mehrfach versucht, Wintersportler durch öffentliche Appelle von zentralen Orten der Gedenkstätte auf dem Ettersberg fernzuhalten, sagte er der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag).
Erwachsene und Kinder seien mit Schlitten direkt am Mahnmal für die Opfer des Holocausts und direkt bis zu den Massengräbern gerodelt.
Zwischen Ignoranz und Dummheit
"Es gibt Leute, die auf den Wiesen des Mahnmals der Gedenkstätte Buchenwald grillen. In Mittelbau-Dora habe ich mal eine Frau und ihre Töchter dabei beobachtet, wie sie mit Rollskiern für den Skilanglauf trainierten", ergänzte Wagner. "Als ich die Frau darauf ansprach, dass das nicht angemessen sei, knallte sie mir an den Kopf: Ihnen sind wohl ihre Häftlinge wichtiger als das Freizeitbedürfnis der Bevölkerung."
Manche Menschen machten sich nicht klar, wo sie sich befänden, erläuterte der Historiker. "Bei manchen scheint der Verstand Urlaub zu machen. Bei anderen handelt es sich um Ignoranz oder den Wunsch, nichts wissen zu wollen. Aber den Menschen fehlt es auch zunehmend an Geschichtsbewusstsein."
Mehr Wissen vermitteln
Auch die Erinnerungskultur spiele eine Rolle. "Die beschränkt sich bisher sehr darauf, um die Toten zu trauern. Sie fragt nicht, warum Menschen zu Opfern gemacht wurden. Warum so viele Deutsche bis zum Ende des Krieges bereitwillig mitgemacht haben."
Die Gedenkstätte Buchenwald will darauf mit einer längeren Betreuung etwa von Schülergruppen reagieren. "Bei uns beträgt die Mindestdauer der Betreuung zwei Stunden, wir wollen sie auf drei Stunden anheben", kündigte Wagner an. "Wir möchten den Schülern nicht noch mehr Stoff eintrichtern, sondern ihnen die Möglichkeit geben, alles zu verarbeiten und mit uns zu diskutieren."