Bistum Rottenburg-Stuttgart gibt in NS-Zeit gestohlene Glocken zurück

Beitrag zur kirchlichen Friedensarbeit

Das Bistum Rottenburg-Stuttgart gibt Glocken zurück, die in der NS-Zeit in den früheren deutschen Ostgebieten und besetzten Ländern ihren Besitzern abgenommen worden waren. 54 solcher Glocken hängen noch in katholischen Kirchen Württembergs.

Demontage historischer Glocken / © Bert Bostelmann (KNA)
Demontage historischer Glocken / © Bert Bostelmann ( KNA )

Nach Auskunft des Rottenburger Bischofs Gebhard Fürst wird für jede Glocke, die in ihre Heimat zurückkehrt, eine neue gegossen. "Die alte und die neue Glocke erhalten einen Segen, der um Frieden bittet: Wir bezeichnen sie dann als Friedensglocken, weil sie Symbole für die christliche Überzeugung der Geschwisterlichkeit aller Menschen sind und für den christlichen Glauben stehen, für den Frieden immer zuerst ein Geschenk Gottes ist", so der Bischof.

"Friedensglocken für Europa"

Wie der Leiter des Projekts "Friedensglocken für Europa", Hans Schnieders, am Freitag in Aichtal-Grötzingen erläuterte, wurden nach einer Anordnung der Nationalsozialisten ab 1940 rund 100.000 Glocken abgehangen und der Rüstungsindustrie als Metallreserve zur Verfügung gestellt. Bei Kriegsende blieben etwa 16.000 Glocken erhalten; die meisten kamen zurück in ihre Gemeinden.

Rund 1.300 landeten auf dem Hamburger "Glockenfriedhof" und wurden ab 1950 Kirchengemeinden in der Bundesrepublik überlassen - 67 erhielt die Diözese Rottenburg-Stuttgart, wie Schnieders sagte. Einige wurden später aus Württemberg den früheren Besitzern übergeben, andere sind verschollen oder nicht mehr funktionsfähig - 54 Glocken werden bis heute regelmäßig zum Läuten verwendet. Sie haben ein Gewicht von 20 bis 850 Kilogramm und sind teils mehr als 500 Jahre alt.

Der tschechische Bischof Martin David sprach von einem "wertvollen Beitrag für die Freundschaft zwischen Tschechen und Deutschen". Die Glocken könnten auch kommende Generationen an die Bemühung um Frieden zwischen Menschen und Völkern erinnern. Auch der polnische Bischof Jacek Jezierski zeigte sich dankbar für die Initiative.

Beitrag zur kirchlichen Friedensarbeit leisten

Beide Bischöfe reisten auf Einladung Fürsts zum Startschuss des Projekts in die Bundesrepublik. Aichtal-Grötzingen war als Ort ausgesucht worden, weil in der dortigen Kirche eine Glocke aus Polen und eine aus Tschechien hängt. Am Freitagnachmittag wollen sie dort gemeinsam einen Gottesdienst feiern.

Das Projekt soll nach Angaben des Bistums in den kommenden sechs Jahren rund 2,5 Millionen Euro kosten. Ziel ist es, über die Rückgabe hinaus Begegnungen zu ermöglichen und einen Beitrag zur kirchlichen Friedensarbeit zu leisten. Die Glocken könnten "durch ihre besondere Geschichte eine Brücke zwischen den Gemeinden bilden und zu einem Zeichen des Friedens werden", so das Bistum. Erste Rückführungen sind bereits geplant.


Demontage historischer Glocken / © Bert Bostelmann (KNA)
Demontage historischer Glocken / © Bert Bostelmann ( KNA )
Quelle:
KNA