Bekir Alboga über Ramadan und den interreligiösen Dialog

"Eine revitalisierende Spiritualität"

Was den Christen ihre vorösterliche Fastenzeit ist, das ist den Muslimen ihr Ramadan. Heute Abend geht es los. Dann gilt: Erst mit dem Sonnenuntergang darf gegessen und getrunken werden. Ein Gespräch mit Dr. Bekir Alboğa, Generalsekretär der Türkisch-Islamischen Union (DITIB).

Muslime feiern Ramadan / © Mohammed Saber (dpa)
Muslime feiern Ramadan / © Mohammed Saber ( dpa )

domradio.de:  Ab morgen dann wird es ernst mit dem Ramadan - wird der Tag heute nochmal besonders "ausgekostet"?

Dr. Bekir Alboğa: Gewöhnlicherweise geht der Tag für ein Moslem mit dem Verrichten des Nachtgebetes, des fünften Gebetes am Tag, zuende. Heute Abend, im Anschluss an das Nachtgebet, schließen wir nochmal ein einheitliches Gebet an. Speziell im Ramadan gibt es damit eine intensive Begegnung mit Gott.

Um Mitternacht steht man auf, um sich zu stärken. Dann wird richtig gegessen, ein starkes Frühstück mit reichlich Wasser, Süßigkeiten – was der Körper für das Fasten tagsüber braucht. Man stärkt sich und mit dem Verrichten des Frühgebetes zieht man sich wieder zurück, legt sich ins Bett und ruht sich aus, bis zum Beginn des Arbeitstages. Tagsüber arbeitet man, verzichtet auf Essen, Trinken und körperliche Dinge – von der Morgenröte bis zum Sonnenuntergang. Beim Sonnenuntergang kann man sein Fasten brechen.

domradio.de:  Auf die Ernährung achten und weniger oder zumindest gesünder essen, das tun auch Menschen, die nicht religiös sind. Welchen spirituellen Wert hat das Fasten für Sie als Muslim?

Dr. Bekir Alboğa: Es ist im wahren Sinne des Wortes eine revitalisierende Spiritualität, die ich seit meiner Jugend erlebe. Es ist jedes Mal so, dass man sich mehr konzentrieren kann. So zum Beispiel auf die Spiritualität, es werden jeden Tag 20 Seiten aus dem Koran rezitiert, es entsteht ein Lesekreis innerhalb der Gemeinde. Die Gemeindemitglieder lesen mit und kommen mit dem Wort Gottes in Berührung. Viele lesen die Übersetzung in ihrer Muttersprache. Viele sind durch das Fasten konzentrierter als sonst. Man darf allerdings sich an Ramadan auch ausruhen, denn auch das Schlafen gilt als Gottesdienst.

domradio.de:  Die große Moschee in Köln-Ehrenfeld steht kurz vor ihrer Vollendung. Der Halbmond auf der Kuppel wurde vergangene Woche angebracht. Werden Sie die Moschee schon während des Ramadan nutzen können?

Dr. Bekir Alboğa: Wir werden bald das Freitagsgebet im originären Gebetssaal mit einer außergewöhnlichen Innenarchitektur abhalten und damit beginnt auch die Nutzung. Wir haben dort auch ein weiteres Gebäude, in dem wir jeden Abend dann ehrenamtlich essen anbieten, zum Fastenbrechen. Es kommen dort auch gerne Flüchtlinge, die teilnehmen. Wir haben uns in den vergangenen Wochen tüchtig darauf vorbereitet, dass alles auch reibungslos funktioniert.

domradio.de: Wir erreichen Sie gerade auf dem evangelischen Kirchentag in Berlin. Wie erleben Sie den aus nichtchristlicher Perspektive - wird genug über den interreligiösen Dialog gesprochen?

Dr. Bekir Alboğa: Bis vor fünf oder sieben Jahren wurde ich mehr zu Bibel-Koran-Lesezirkel eingeladen. Ich vermisse die Kirchentage vor etwa zehn Jahren, muss ich aus meiner persönlichen Sicht sagen.

Das Gespräch führte Tobias Fricke.


Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga / © Can Merey (dpa)
Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga / © Can Merey ( dpa )
Quelle:
DR