Benedikt XVI. erwägt Reise auf den Spuren des Paulus

Gedenkjahr für einen Apostel

Papst Benedikt XVI. wird möglicherweise im Paulus-Jahr eine Pilgerfahrt auf den Spuren des Völkerapostels unternehmen. Kardinal Andrea Cordero Lanza di Montezemolo sagte bei der Vorstellung des Programms für das am 28. Juni beginnende Gedenkjahr am Montag im Vatikan, der Papst ziehe eine solche Reise in Erwägung. Eine definitive Entscheidung gebe es aber noch nicht. Zugleich zerstreute der Kardinal Erwartungen nach einer baldigen Öffnung des Paulus-Sarkophags.

 (DR)

Die bedeutendsten Paulus-Stätten liegen in der heutigen Türkei und in Griechenland sowie in Damaskus. Das Jubiläumsjahr für den vor etwa 2.000 Jahren in Tarsus geborenen Missionar und Autor mehrerer biblischer Schriften geht auf eine Initiative von Cordero Lanza di Montezemolo zurück. Er ist Erzpriester der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern.

Keine Öffnung des Sarkophags
Zugleich zerstreute der Kardinal Erwartungen nach einer baldigen Öffnung des Paulus-Sarkophags. Benedikt XVI. habe entschieden, das Apostelgrab während des Jubiläumsjahrs nicht für eine archäologische Untersuchung freizugeben. Der Paulus zugeschriebene antike Sarg war 2002 unter dem Hauptaltar der Basilika San Paolo wiederentdeckt worden. Danach wurde die Forderung laut, seinen Inhalt genetisch zu analysieren.

Nach Aussage des Kardinals will Benedikt XVI. das Paulus-Jahr am 28. Juni mit einem Gottesdienst eröffnen. Bis zum 29. Juni kommenden Jahres seien Konferenzen, Gebetstreffen und kulturelle Veranstaltungen geplant. In der jetzigen Taufkapelle werde ein ökumenischer Gebetsort eingerichtet. Man erhoffe sich die Teilnahme anderer christlicher Konfessionen an dem Programm. So habe auch der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., 2008 als Paulus-Jahr ausgerufen, so Cordero Lanza di Montezemolo.

Stichwort: Apostel Paulus
Der um das Jahr 7 nach Christus geborene Apostel Paulus stammt aus einer jüdischen Familie in Tarsus. Er wurde zunächst Saulus (Scha'ul) genannt, was "der Erwünschte" bedeutet. Nachdem er sich dem gerade entstehenden Christentum anschloss, wurde er als Paulus bekannt.

Zunächst studierte er aber in Jerusalem die mosaischen und prophetischen Schriften sowie die rabbinische Überlieferung. Er war überzeugter Anhänger der gesetzeseifrigen jüdischen Gruppe der Pharisäer und damit ein Gegner der Jesus-Anhänger. Dies blieb bis zum sogenannten Damaskus-Erlebnis wenige Jahre nach dem Tod Jesu so: Saulus hatte den Auftrag, in Damaskus Christen zu verfolgen. Eine Begegnung mit dem auferstandenen Christus vor den Toren der Stadt veränderte sein Leben von Grund auf. Von der übermächtigen Erscheinung getroffen, fiel Saulus zu Boden und erblindete.

Dem biblischen Berichten zufolge wurde er aber von einem Christen geheilt und getauft. Auf Reisen über Tausende Kilometer wirkte er als Apostel und Missionar, predigte in der Synagoge von Damaskus und wurde bald selbst verfolgt. Im Jahr 58 wurde Paulus verhaftet und als römischer Bürger nach Rom geschickt, wo er nach weiterer Lehrtätigkeit starb, wohl als Märtyrer.

Zwei Jahrzehnte nach dem Tod Jesu und noch vor der Niederschrift der Evangelien brachte er die Lehre des christlichen Glaubens in seinen Briefen auf die zentralen Begriffe. Religionswissenschaftler bezeichnen ihn daher mitunter als den eigentlichen Erfinder des Christentums. Vor allem sein Drängen brachte die junge Kirche dazu, über Israel und das Judentum hinauszugehen und die Mission im gesamten Römischen Reich voranzutreiben. Seine folgenreichsten Werke sind der Römerbrief und der Galaterbrief, in denen er die später von Martin Luther aufgegriffene Idee der Rechtfertigung durch den Glauben an Jesus Christus entwickelt.