Benedikt XVI. hat sich gegen Kritik an seiner Rolle als emeritierter Papst zur Wehr gesetzt. In einem im Rahmen einer umfangreichen Biografie in München erstmals veröffentlichten Interview erklärt der 2013 zurückgetretene Papst die Motive und Bedeutung seines Rücktritts. Er dementiert, dass Fälle von Korruption im Vatikan oder der "Vatileaks"-Skandal, bei dem sein Kammerdiener geheime Dokumente an einen Journalisten übergeben hatte, Anlass oder Grund für den kirchengeschichtlich einmaligen Schritt gewesen sei. "Mit alledem hat mein Rücktritt absolut nichts zu tun", betont er. Vielmehr sei ihm gegen Ende seiner Amtszeit klar geworden, dass neben einer möglichen Demenz "auch andere Formen von nicht mehr genügender Fähigkeit zur rechten Amtsführung möglich sind", so Benedikt XVI.
Die katholische Kirche und das Papsttum sieht Benedikt XVI. durch eine "weltweite Diktatur von scheinbar humanistischen Ideologien" bedroht. Wer ihnen widerspreche, werde aus dem gesellschaftlichen Konsens ausgeschlossen. Der emeritierte Papst wörtlich: "Die moderne Gesellschaft ist dabei, ein antichristliches Credo zu formulieren, dem sich zu widersetzen mit der gesellschaftlichen Exkommunikation bestraft wird." Zur Lage der Kirche im 21. Jahrhundert sagte er: "Inzwischen haben die Ereignisse gezeigt, dass die Krise des Glaubens vor allem auch zu einer Krise der christlichen Existenz geführt hat." (kna/Stand 06.05.2020)