DOMRADIO.DE: Sie gehören zu den jüngeren Ordensbrüdern. Warum haben Sie sich entschieden, ins Kloster zu gehen?
Pater Philipp Meyer (Benediktiner in Maria Laach und Host des "Abendgebets" auf katholisch.de): Das hatte eine große Vielzahl von Gründen, die im Einzelnen schwer zu beschreiben sind. Das ist wie die Frage, warum man sich in den Partner oder die Partnerin verliebt hat und nicht in wen anders. Für mich hat das Gemeinschaftsleben sehr anziehend gewirkt. Über meine Erstausbildung und das Kirchenmusik- und Chorleitungsstudium hat mich auch auch die Gregorianik, die Liturgie, die Liebe zur Kirche und auch die Liebe zum wunderbaren Rheinland überzeugt.
Am Laacher See befindet sich eine der schönsten romanischen Kirchen der Welt. Das sage ich, obwohl ich aus Braunschweig komme und der Braunschweiger Dom meine Heimatkirche ist. Das Kloster in Maria Laach hat mich immer an meine Heimat erinnert. Das war Liebe auf den ersten Blick. Nach meinem Musikstudium bin ich dort 2006 eingetreten.
DOMRADIO.DE: Wie hat ihre Familie reagiert, als Sie von ihrem Beschluss erzählten, ins Kloster einzutreten?
Meyer: Meine Mutter war alles andere als begeistert. Ich bin Musiker, Mönch und Priester. Meine Familie ist weder musikalisch noch kirchlich geprägt. Ich glaube, dass der liebe Gott schon irgendetwas in mich hineingelegt hat, was größer und stärker ist als die Bande der Familie. Meiner Familie habe ich auch klar gesagt, dass es nichts mit meiner Liebe zu ihnen zu tun hat.
Aber ich bin nicht auf die Welt gekommen, um die Bedürfnisse meiner Eltern zu befriedigen oder den Weg zu gehen, den sie sich vielleicht für mich vorgestellt haben. Vielmehr gehe ich den Weg, den ich für mich wünsche, ersehne und von dem ich glaube, dass der liebe Gott ihn mir ins Herz gelegt hat.
DOMRADIO.DE: Sie sind in Maria Laach auch für die Kirchenmusik zuständig. Was macht die Musik in Maria Laach denn aus?
Meyer: Da ist zuallererst einmal die tägliche Liturgie zu nennen. Wir sind sicherlich eines der wenigen Klöster, die noch den allergrößten Teil der Liturgie mit dem gregorianischen Choral bestreiten. Das heißt, jeden Tag gibt es eine lateinische Vesper, ein lateinisches Choralamt, ein großer Teil der Laudes und der Vigilien und auch die Mittagshore und die Sext-Komplet sind in lateinischer Sprache, im gregorianischen Choral. Diese Feier der Liturgie wird in Gemeinschaft vollzogen. Das war eines der Hauptargumente für mich, diese Lebensform zu suchen.
Dadurch kam ich auch zu der Selbsterkenntnis, dass ich Angst hätte im diözesanen Dienst allein in einem Pfarrhaus zu sein und womöglich keine Kapazität oder Lust habe, am Abend alleine meine Gebete zu sprechen. Ich habe da vor jedem Mitbruder im diözesanen Dienst hohen Respekt, weil ich glaube, dass das es unter den Herausforderungen des priesterlichen Dienstes heute in den Strukturen von Pfarreien eine enorme Herausforderung ist, sich diese Zeiträume zu nehmen.
Bei uns sind diese Zeiträume ganz anders vorgegeben und nehmen auch einen großen Teil des Tages ein. An Werktagen sind das schon allein zweieinhalb bis drei Stunden Liturgie, die wir gemeinsam feiern. Das ist für mich eine ganz tragende Säule, die auch mich mal trägt, wenn ich mich irgendwie haltlos fühle. Da gehe ich ohne Frage auch hin, wenn ich gerade keine Lust auf ein Gebet habe.
DOMRADIO.DE: Ihnen ist es auch wichtig, den Glauben und das Klosterleben in den Medien zu präsentieren und in die Medien zu tragen. Das machen Sie mit dem Videoformat "Abendgebet" bei katholisch.de. Widerspricht das nicht der Idee vom abgeschiedenen Klosterleben?
Meyer: Katholisch.de stellte eine Anfrage an die Deutsche Ordensobernkonferenz, wer die Idee umsetzen könnte und irgendwie sind sie auf Laach und da auf mich gekommen. Ich glaube, dass die Sozialen Medien eine große Gefahr sein können. Aber unabhängig von der medialen Präsenz der Abtei oder der Kirche oder der Theologie generell bringen die Medien für jede Beziehung eine große Gefahr mit sich. Auf der anderen Seite erreichen wir mit dem Abendgebet jeden Tag zwischen 3.000 und 5.000 Menschen, die mit beten.
Durch dieses Format können wir mit unserem Kerngeschäft, nämlich dem täglichen Gebet, über die Klostermauern hinaus wirken. Das ist nichts anderes, als das, was die Menschen tun, die unsere Kirche besuchen und Gebetsanliegen bei uns lassen.
Ich bin zum Beispiel auch auf Instagram präsent, weil es Spaß macht Inhalte zu teilen. Genauso wie wir viele Menschen, die sonst nicht mit Kirche in Berührung kommen, über die Musik in die Kirche bringen, kann man sie auch mit einem One-Minute-Clip oder mit meiner "Predigt to go" zum Nachdenken anregen. Ich glaube, man muss um die Gefahren der Sozialen Medien wissen. Aber die Gefahren gelten für alle, nicht nur für uns Ordensleute.
DOMRADIO.DE: Von dem Format "Abendgebet" gibt es jetzt 2.000 Folgen. Wie blicken Sie auf dieses Projekt?
Meyer: Das war auf keinen Fall abzusehen. Ich glaube, für katholisch.de war das schnell klar, dass das offensichtlich ein erfolgreiches pastorales Format ist, was auf einer Nachrichtenseite eine Besonderheit darstellt. Am Anfang wusste ich auch überhaupt nicht über die Zahlen Bescheid. Erst später habe ich bei Youtube gesehen, wie viele Menschen das jeden Tag gucken.
Da hat sich eine große Gemeinde entwickelt. Ich freue mich, dass es schon 2.000 Folgen gibt.
DOMRADIO.DE: Wie würden Sie denn heute junge Menschen davon überzeugen, ins Kloster zu gehen?
Meyer: Ich glaube, es geht da wenig um Überzeugung. Ich höre von vielen jungen Menschen, dass sie sich eine konkrete Ansprache wünschen. In den 1980er und 90er Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, auf Leute zuzugehen. Das war absolut indiskutabel.
Heute wird das erwartet. Die jungen Menschen wollen, dass man auf sie zu kommt, sie anspricht, ihnen authentisch zeigt, wofür das Ordensleben steht. Wir haben eine Jugend-Vigil, die aber nicht dafür da ist, junge Menschen an das Kloster zu binden.
Ich denke, dass wir mit unserer Arbeit, unserem Leben und auch mit unserem Zeugnis, dass wir dort leben, so authentisch sind, dass sich Menschen auf dieses Abenteuer der Gottsuche einlassen wollen. Jeder Weg muss der ganz persönliche Weg der Gottsuche sein, der durch den Abt und den Konvent und auch untermauert durch die Benediktsregel gefördert werden soll.
Wenn wir das authentisch und glaubwürdig vorleben, dann ist das auch heute noch eine unglaublich anziehende Lebensform.
Das Interview führte Tim Helssen.