Kölner Flüchtlingskoordinator bilanziert Flüchtlingsgipfel

"Beratungsangebote werden gut angenommen"

Auf dem fünften katholischen Flüchtlinsgipfel am Mittwoch stand die Flüchtlingsfamilie im Mittelpunkt. Ein Ergebnis des digitalen Vernetzungs-Treffens: Die Behandlung traumatisierter Flüchtlinge hat gute Erfolgsaussichten.

Flüchtlinge / © Procyk Radek  (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Wegen Corona hat der katholische Flüchtlingsgipfel zum ersten Mal komplett im Netz stattgefunden. Hat das gut funktioniert?

Klaus Hagedorn (Koordinator der Flüchtlingshilfe im Erzbistum Köln): Sehr gut! Das war gut organisiert von der Deutschen Bischofskonferenz und die Menschen sind es mittlerweile gewohnt, mit diesen neuen digitalen Plattformen umzugehen. Das hat überhaupt keine Probleme verursacht, es hat sogar Spaß gemacht.

DOMRADIO.DE: Auf dem Gipfel sind neben dem Hamburger Erzbischof Stefan Heße, der Sonderbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Flüchtlingsfragen ist, Migrationsforschern und der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung vor allem Flüchtlingshelfer von der Basis zusammengekommen. Hatten Sie das Gefühl: "Ja, wir sind hier als katholische Kirche gemeinsam unterwegs"?

Hagedorn: Ja, unbedingt. Das war natürlich nicht genauso wie auf den realen Treffen, wie wir sie auf den bisherigen vier katholischen Flüchtlingsgipfeln hatten. Aber da ist schon ein Einverständnis untereinander vorhanden. Unser Flüchtlingsbischof Stefan Heße hat zum Glück die Fähigkeit, immer sehr schön auszudrücken, was uns als Kirche bewegt. Ich glaube, da gibt es eine ganz große Solidarität und Zustimmung.

DOMRADIO.DE: Die Flüchtlingsfamilie stand im Fokus des Gipfels. Sie haben die Untergruppe "Geflüchtete in Familienberatungsstellen" moderiert. Nehmen Flüchtlingsfamilien die Angebote denn an?

Hagedorn: Das tun sie. Wir haben hier im Erzbistum Köln gute Erfahrungen gemacht. Alle Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstellen haben sich seit ungefähr zwei Jahren auf den Weg gemacht. Sie haben Projektstellen gegründet, arabischsprachige Therapeuten eingestellt und sich selbst in Traumatherapie fortgebildet. So sind jetzt alle Stellen wirklich offen für die Aufnahme von Flüchtlingen; und das wird auch angenommen.

In der Arbeitsgruppe gestern wurde noch einmal deutlich, – und das war für mich auch neu - dass die Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen sehr erfolgsversprechend ist. So kann ich wirklich nur dringend appellieren, diese Stellen weiter zu fördern und auszustatten, damit diese wichtige Arbeit weitergehen kann.

DOMRADIO.DE: In Deutschland liegt der Familiennachzug quasi auf Eis, welche Folgen hat das für die Menschen, die schon hier sind und sich sehnsüchtig wünschen, ihre Angehörigen wieder zu sehen?

Hagedorn: Das ist natürlich eine katastrophale Situation. Familienzusammenführung ist ohnehin eine schwierige Angelegenheit, weil die Prozesse oft Jahre dauern. Es zieht sich sehr lange hin, bis Visumsangelegenheiten geklärt sind, bis Besuchstermine in den Auslandsvertretungen wahrgenommen werden können und dann endlich eine Einreise erfolgt.

Jetzt in der Corona-Zeit hat es manche schon sehr fertig gemacht, dass sie zum Beispiel Visumspapiere mit beschränkter Gültigkeit hatten, dann aber wegen des Shutdowns nicht ausreisen konnten.

DOMRADIO.DE: Erzbischof Heße hat im DOMRADIO.DE-Interview in Sachen Familiennachzug die deutsche Politik kritisiert und mehr politischen Willen gefordert. Schließen Sie sich dem an?

Hagedorn: Unbedingt. Wir haben ja die Situation, dass weltweit 80 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Die Lager auf den griechischen Inseln zum Beispiel sind nach wie vor überfüllt. Die Hilfsorganisationen auf dem Mittelmeer sind festgesetzt durch die Corona-Epidemie und auch durch staatliche Willkür. Das sind alles Themen, die der Erzbischof angesprochen hat und ich hoffe, dass er da Gehör findet.


Klaus Hagedorn (kfd)
Klaus Hagedorn / ( kfd )
Quelle:
DR
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