Berlin hat am Mittwoch der Opfer des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz vor zwei Jahren gedacht. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte: "Auch ich persönlich denke immer wieder an diesen traurigen Tag zurück. Unsere Gebete und Gedanken sind heute bei den Opfern und Hinterbliebenen." Der Anschlag in Straßburg vor einer Woche habe "auf schmerzliche Weise gezeigt, dass wir nicht darin nachlassen dürfen, uns gegen solchen menschenverachtenden Terrorismus zur Wehr zu setzen".
Bei einer Gedenkandacht in der evangelischen Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche sagte Pfarrer Martin Germer am Abend: "Die, um die wir trauern und die uns geliebt haben, die würden wollen, dass wir Schritte in die Zukunft gehen können." Zum Frieden sei aber auch nötig, dass die von terroristischen Verbrechen Betroffenen "alles an Hilfe bekommen, was Staat und Gesellschaft leisten können". Germer kritisierte mangelndes Einfühlungsvermögen mancher Verantwortlicher: "In den zurückliegenden zwei Jahren ist vieles nicht geschehen, was aus heutiger Sicht nötig gewesen wäre."
Glockenschlag und Schweigeminute
Zugleich warnte der Pfarrer: "Alle Pauschalverdächtigungen von außen gegenüber Muslimen fördern nur Tendenzen zur Selbstabschottung und helfen nicht dem gesellschaftlichen Frieden." Er kenne zahlreiche jüngere Muslime, die sich "auf sehr glaubwürdige und auch auf mutige Weise für ein friedliches Miteinander der Religionen und Kulturen in unserer Gesellschaft und für ein friedensförderndes Verständnis ihrer Religion einsetzen". Um 20.02 Uhr, dem Zeitpunkt des Anschlags, ertönten am Breitscheidplatz zwölf Glockenschläge, gefolgt von fünf Schweigeminuten.
Vor der Gedächtniskirche nahe dem Tatort hatten sich bereits am Morgen rund hundert Menschen zu einer stillen Kranzniederlegung versammelt. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sagte: "Noch immer ist die Wunde nicht verheilt, die dieser feige Anschlag gerissen hat." Er nannte das Attentat, bei dem der Terrorist Anis Amri zwölf Menschen tötete und weitere 70 verletzte, ein "unsinniges und kaltblütiges Verbrechen". Auf den Stufen vor dem Mahnmal für die Opfer wurden zahlreiche Kerzen aufgestellt und Kränze niedergelegt. Die Kirche bot den ganzen Tag professionelle Beratungs- und Gesprächsangebote für Hinterbliebene und überlebende Opfer an.
Folgen des Anschlags
Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Edgar Franke (SPD), wies im Südwestrundfunk darauf hin, dass zahlreiche Menschen weiterhin unter den Folgen des Anschlags litten. Der Staat habe aus den Versäumnissen nach dem Anschlag vor zwei Jahren gelernt, fügte Franke hinzu. So seien die psychologische Hilfe und Betreuung nach Anschlägen verbessert und die finanziellen Hilfen deutlich aufgestockt worden.
Nach Angaben des Justizministeriums erhielten Opfer des Attentats und Angehörige insgesamt rund 3,8 Millionen Euro an Entschädigung. In vielen Fällen wurden auch lebenslange Zahlungen von monatlichen Grundrenten bewilligt.