In Berlin-Plötzensee erinnern Kirchen an NS-Gegner

"Keimzelle der Ökumene"

Plötzensee steht seit Jahrzehnten für die Rache der Nationalsozialisten an ihren Gegnern. Unweit entfernt gedenken auch die Kirchen der Menschen, die im Widerstand gegen das Regime ihr Leben gaben. 

Autor/in:
Gregor Krumpholz
 (DR)

 In einem Gefängnisschuppen des Berliner Stadtteils Plötzensee richteten die Nazis rund 3.000 Menschen hin. Unter ihnen viele, die am gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 beteiligt waren. Heute ist es eine staatliche Erinnerungsstätte.

Eine halbe Stunde Fußweg von der Hinrichtungsstätte entfernt steht seit 1963 "Maria Regina Martyrum" (Maria Königin der Märtyrer). Es ist die "Gedächtniskirche der deutschen Katholiken zu Ehren der Blutzeugen für Glaubens- und Gewissensfreiheit auf den Jahren 1933-1945". 1984 siedelte sich daneben das Karmelitinnenkloster Regina Martyrum an und prägt seither das Gotteshaus spirituell.

In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich das Evangelische Gemeindezentrum Plötzensee. Bekannt wurde es durch den "Plötzenseer Totentanz" von 1972 in seinem Kirchenraum. In den 16 Tafelbildern nahm der Wiener Künstler Alfred Hrdlicka (1928-2009) auf die Hinrichtungen Bezug. In den Räumen des Gemeindezentrums wird seit 2009 eine ökumenische Gedenkstättearbeit aufgebaut.

Evangelische Initiative

Die Initiative dazu kam von evangelischen Christen. Sie empfanden es als Defizit, dass es keinen ausdrücklich konfessionsübergreifenden Erinnerungsort gab, so Michael Maillard. "Dabei war der Widerstand gegen Hitler eine Keimzelle der Ökumene", betont der Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Charlottenburg-Nord. Er verweist darauf, wie eng der Kampf gegen Hitler evangelische und katholische Christen zusammenführte. Bei den katholischen Nachbarn stießen die Protestanten mit dem Projekt auf offene Ohren. Seit langem gab es bereits gemeinsame Gottesdienste und weitere Veranstaltungen etwa am 20. Juli.

Das ökumenische Gedenkzentrum soll die Zusammenarbeit weiter vertiefen. Auf dem Programm stehen Ausstellungen, Seminare, Konzerte und Gottesdienste, auch eine Bibliothek mit Archiv über den Widerstand. Zudem will das Zentrum den Blick auf die Konsequenzen für die Gegenwart weiten, etwa beim Schutz der Menschenrechte.

Unabhängig von dem Projekt gibt es Bestrebungen, das kirchliche Gedenken in Plötzensee aufzuwerten. Zur Feier des 50. Weihetages von Maria Regina Martyrum am 5. Mai kam der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch. Bereits 2007 hatte der damalige Berliner Erzbischof, Kardinal Georg Sterzinsky, das Gotteshaus vom Status einer seelsorglichen Außenstelle zur selbstständigen "Rektoratskirche" in besonderer Verantwortung der Berliner Jesuiten erhoben. Deren Ordensmitglied Alfred Delp (1907-1945) war in Plötzensee hingerichtet worden.

Auch Sterzinskys Amtsnachfolger, Kardinal Rainer Maria Woelki, setzt diesen Kurs fort. Nach seinen Worten sind die christlichen NS-Gegner Vorbilder als "charismatische Persönlichkeiten mit einer großen Strahlkraft".


Quelle:
KNA