In Mexiko werde trotz gegenteiliger Behauptungen der Regierung weiterhin systematisch gefoltert, erklärte Misereor am Dienstag in Aachen unter Berufung auf Partnerorganisationen in dem Land. So seien im südmexikanischen Bundesstaat Chiapas 41 Fälle von Folter allein zwischen Januar 2019 und März 2020 registriert worden, heißt es.
An den Fällen seien Angehörige des Militärs, der Nationalgarde und der Polizeikräfte beteiligt gewesen. Staatsanwälte, Richter und weitere Beamte deckten diese Taten.
Anti-Folter-Gesetz
In Mexiko diene Folter vor allem dazu, Geständnisse zu erpressen, erklärte Misereor. Die Opfer würden durch Isolation, Todesdrohungen, Elektroschocks, Schläge, Schlafentzug, Verweigerung von Nahrung und medizinischer Versorgung oder sexuelle Gewalt gezwungen, sich selbst eines Verbrechens zu bezichtigen.
Das 2017 verabschiedete Anti-Folter-Gesetz sehe vor, in den Staatsanwaltschaften auf bundesstaatlicher Ebene eigene Einheiten einzurichten, die strafrechtliche Ermittlungen in Folterfällen einleiten, so das Hilfswerk. "Die Umsetzung verläuft jedoch schleppend."
Im nördlichen Bundesstaat Chihuahua etwa habe die Misereor-Partnerorganisation Paso del Norte dokumentiert, dass zwischen Januar 2013 und Dezember 2019 insgesamt 1.028 Ermittlungsverfahren wegen Folter eingeleitet worden seien. "Lediglich 16 der Fälle kamen vor Gericht. In nur neun Fällen wurden die Täter verurteilt."
Deutschland soll Änderungen fordern
Aus Sicht von Misereor trägt Deutschland als wichtiger Handelspartner Mexikos Verantwortung für Verbesserungen. Das Globalabkommen zwischen der EU und Mexiko aus dem Jahr 2000, das zurzeit überarbeitet werde, enthalte nicht nur Vereinbarungen über Freihandel. Die Vertragspartner gingen auch die Verpflichtung ein, demokratische Prinzipien zu respektieren und die Menschenrechte zu schützen.
"Die deutsche Bundesregierung und die Abgeordneten des Bundestags sollten in bilateralen Gesprächen auf die Defizite im Kampf gegen Folter und Menschenrechtsverletzungen in Mexiko hinweisen", forderte Betina Beate, Lateinamerika-Abteilungsleiterin bei Misereor. "Es darf nicht sein, dass sich der mexikanische Staat seiner Verantwortung entzieht."