Berliner Caritas will Hilfe vor Erstaufnahmestelle organisieren

Chaos und Wartezeiten

Der Caritasverband des Erzbistums Berlin will die Freiwilligenarbeit vor der Flüchtlingserstaufnahmestelle in Berlin besser organisieren. Ein gemeinsam mit Diakonie, Maltesern und Johannitern entwickeltes Konzept wurde dem Senat vorgelegt.

Wartende Flüchtlinge in Berlin (KNA)
Wartende Flüchtlinge in Berlin / ( KNA )

Dies teilte die Direktorin der Berliner Caritas, Ulrike Kostka, der Tageszeitung "taz" mit. Hauptamtliche müssten den Einsatz der Helfer und die eintreffenden Spenden koordinieren, forderte Kostka. "Es geht nicht, dass da ein Auto nach dem anderen vorfährt und Spenden in die Menge geworfen werden. Es braucht Koordination und Überblick."

Darüber hinaus bringe die Arbeit mit traumatisierten Flüchtlingen und medizinischen Notfällen viele Freiwillige an ihre Grenzen, erklärte die Berliner Caritas-Direktorin. Auch bei der Weitergabe von Informationen an Flüchtlinge benötigten die Helfer professionelle Unterstützung.

Freiwillige engagieren sich vielfältig

Die Situation vor Ort ist unübersichtlich: Eine Familie mit zwei kleinen Kindern hat sich im Schatten des Backsteingebäudes auf dem Rasen ein Matratzenlager gebaut. Der Junge pustet Seifenblasen in die Luft. Als sein Wasserbehälter leer ist, läuft er in die Mitte des Rasens - zum einzigen Wasserhahn weit und breit, umringt von Menschen. Hunderte Flüchtlinge harren wie hier in Berlin vor Erstaufnahmestellen in Deutschland aus und warten darauf, ihren Antrag auf Asyl zu stellen.

Die Zustände sind vielerorts chaotisch. Freiwillige und Hilfswerke versuchen, die Situation zu entschärfen. Eine von ihnen ist Jule Müller. Mit einem Namensschild am T-Shirt steht sie hinter einem mobilen Wagen der Wasserbetriebe und zapft Trinkwasser in Plastikbecher. Seit Freitag steht die Studentin jeden Tag vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales im Stadtteil Moabit - der Erstaufnahmestelle der Hauptstadt. "Es sind einfach unglaublich viele Menschen hier, und am Wasserwagen ist es immer voll bei diesen Temperaturen", erzählt die junge Frau. Immer wieder packen die Wartenden selbst mit an, erzählt die Helferin und zeigt auf einen jungen Mann, der Getränke verteilt.

Selbstorganisierte Kinderbetreuung

Ein paar Meter weiter haben Helfer eine Kinderbetreuung organisiert. Auf dem Boden liegen Bälle, und an einem Tisch mit Stiften sitzen zwei Mädchen - sie malen die Flaggen des Libanon und der Türkei. Ein Großteil der Freiwilligenarbeit, die mit einem Aufruf in den sozialen Netzwerken begonnen hatte, wird nach Angaben der Helfer nun über die Initiative "Moabit hilft" organisiert.

Eine Koordinatorin der Gruppe, die sich selbst nur Runa nennt, verteilt seit Tagen Flip Flops, Hygieneartikel und Reisetaschen. "Wir sind hier nicht mehr Herr der Lage", beschreibt sie den Ansturm von immer neuen Flüchtlingen an der Ausgabestelle. Sie fühlt sich vom Landesamt für Gesundheit und Soziales nicht unterstützt. Die Behörde stelle zwar Lagerräume für Spenden bereit, diese seien aber viel zu klein. "Es kann nicht sein, dass Hilfe für die Menschen hier privat organisiert werden muss", kritisiert Runa.

Sie fordert, dass Behörden den Ausnahmezustand ausrufen, "dann würden auch die Hilfswerke helfen." Die Johanniter und der Arbeitersamariter Bund seien zwar vor Ort, könnten medizinische Hilfe aber nicht ersetzen. "Die gibt es nur, weil einige Ärzte nach langen Schichten noch ehrenamtlich helfen", sagt Runa.

Deutsches Rotes Kreuz im Dauereinsatz

Auf der anderen Seite der Republik, im 700 Kilometer entfernten Trier, ist die Situation für die Helfer ähnlich herausfordernd: Etwa für Hilfsdienste, die an vielen Orten Zeltunterkünfte errichten: "Das läuft alles sehr spontan und kurzfristig an", berichtet Roman Zaplatynski, Pressesprecher des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Der jüngste Einsatz seines Verbands bei der Aufnahmeeinrichtung in einem Gewerbegebiet habe eine Vorlaufzeit von wenigen Stunden gehabt: "Wir haben vor der Einrichtung Zelte aufgezogen und dann 400 bis 500 Feldbetten aufgestellt, dazu Decken und Kissen", so Zaplatynski.

Wegen eines aufziehenden Unwetters hätten sich die zumeist ehrenamtlichen Helfer sehr beeilen müssen. Doch es sei nicht schwierig gewesen, für die Abend- und Wochenendeinsätze Unterstützer zu finden: "Die Leute waren sehr motiviert. Flüchtlingsarbeit ist eine Kernarbeit des Roten Kreuzes - und diese Notlage, das war eine neue Dimension, deshalb haben sich viele Leute kurzfristig bereiterklärt, direkt nach der Arbeit mitzumachen."

Betten werden knapp

Obwohl derzeit Kasernen zu Aufnahmeeinrichtungen umgebaut und Zeltstädte errichtet werden, können die Behörden mittlerweile nicht mehr für alle Flüchtlinge Betten bereitstellen. Rund um die Aufnahmeeinrichtung Trier übernachten seit Tagen zahlreiche Flüchtlinge in Parks oder errichten sich notdürftige Unterstände.

"Wir sind leider in der Situation, dass Menschen draußen schlafen müssen", bestätigte die rheinland-pfälzische Integrationsstaatssekretärin Margit Gottstein (Grüne) dem "Trierischen Volksfreund". Derweil drängt die CDU-Opposition darauf, Flüchtlinge vorübergehend auch in leerstehenden Unterkünften wohnen zu lassen, die nicht allen geltenden Normen entsprechen.


Quelle:
KNA