Berliner Gegner des Besuchs von Benedikt XVI. vernetzen sich

Nicht nur Vorfreude

In Berlin formiert sich Widerstand gegen den im September geplanten Besuch von Papst Benedikt XVI. Am Donnerstagabend kamen mehr als 50 Gegner in der Berliner Zentrale des Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg zu einem ersten "Netzwerktreffen" zusammen. Es beteiligten sich unter anderem Mitglieder von SPD, Grünen und Linkspartei, der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, der Organisation Pro Familia und der kirchenkritischen Giordano-Bruno-Stiftung.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
 (DR)

Sie berieten über Protestaktionen vor und während des Papstbesuchs in der Bundeshauptstadt. Mit "phantasievollen Aktionen" wollen die Papstgegner vor allem für "sexuelle Selbstbestimmung" und Frauenrechte eintreten. Sie kritisieren zudem die Position der katholischen Kirche zu Aids und treten für eine strikte Trennung von Staat und Kirche ein. Auch verurteilen sie die Einladung an den Papst, vor dem Bundestag zu sprechen. Der LSVD koordiniert das weitere Vorgehen. Der Trägerverein des Christopher-Street-Days, der die jährliche Parade von Lesben und Schwulen in Berlin veranstaltet, sicherte organisatorische Hilfe zu.



Die Veranstaltungen sollen vor allem nach der Sommerpause stattfinden und möglichst nicht in Konkurrenz zur Berliner Abgeordnetenhauswahl treten, die am 18. September wenige Tage vor der Papstvisite stattfindet. Als Form des Protests kam unter anderem der Vorschlag, Benedikt XVI. im Falle einer Übernachtung in der Apostolischen Nuntiatur morgens um 6 Uhr durch ein "Kiss In" zu wecken, das es auch beim Besuch Benedikt XVI. im vergangenen November in Barcelona gegeben hatte. Dabei küssen sich die Demonstranten etwa auf das Signal aus einer Trillerpfeife.



Keine religiösen Gefühle verletzen

Umstritten war die Frage, inwieweit auch katholische Lesben- und Schwulen-Initiativen einbezogen werden sollten. LSVD-Sprecher Günter Dworek wandte sich "gegen Aktionen, die religiöse Gefühle verletzen". Die Papstgegner sollten auch "in die Bereiche der kirchenkritischen Katholiken reingehen", anstatt "das Kirchenvolk zu vergrätzen", sagte Dworek. Er ist auch Referent für Antidiskriminierungspolitik in der grünen Bundestagsfraktion.



Benedikt XVI. kommt vom 22. bis 25. September zu einem offiziellen Besuch nach Deutschland. Dabei besucht er die Erzbistümer Berlin und Freiburg sowie das Bistum Erfurt.



Bereits beim Besuch von Papst Johannes Paul II. vor 15 Jahren in Berlin gab es Proteste, etwa beim Schwul-Lesbischen Stadtfest im Bezirk Schöneberg. Zudem fand eine Demonstration mit über 2.000 Teilnehmern statt, die sich als Nonnen, Mönche oder Teufel verkleideten und eine "Gegenpäpstin" ausriefen. Sie zogen damals vom Schöneberger Winterfeldtplatz in Richtung Brandenburger Tor, das eine Station der Papstvisite war. Bei der Staatsbibliothek endete der Zug vorzeitig mit einer Kundgebung. Dennoch kam es auch entlang der Fahrt des Papstes auf der Straße Unter den Linden zu teilweise lautstarken Protesten mit Eierwürfen auf das Papamobil.