Statt Halleluja heißt es Ahoi: Mit einem gecharterten Ausflugsschiff bieten Berlins Katholiken den Besuchern des Evangelischen Kirchentags Impressionen der Hauptstadt vom Wasser aus. Am Donnerstag kam sogar Erzbischof Heiner Koch an Bord.
Berlins katholischer Oberhirte hat sichtlich Spaß an dem ungewöhnlichen Termin. Zwischen Empfängen mit Vertretern aus Politik und Kirchen sowie den Gottesdiensten und Bibelarbeiten, an denen er teilnimmt, gibt Koch für eine gute Stunde den Kapitän.
Posaunenchor und Talk
"Schön, dass Sie da sind", ruft er den über 200 Passagieren gut gelaunt zu. Geduldig haben sie in einer langen Schlange gewartet, um die Barke zu besteigen. Eine Sightseeing-Tour, wie sie auf der Spree tagtäglich ungezählte Male stattfindet, erwartet sie indes nicht. Auch wenn das Kirchenschiff seinem Namen "Belvedere", zu deutsch "Schöne Aussicht", alle Ehre macht. Die Fahrt führt vom evangelischen Berliner Dom über die weltberühmte Museumsinsel bis hinter das Bundeskanzleramt, bevor es für die nächste Tour kehrt macht.
Doch eine solche Fahrt dürften die teilweise leicht erschöpft wirkenden Kirchentagsbesucher noch nicht erlebt haben. Ein Posaunenchor an Bord gibt die Begleitmusik und animiert sie immer wieder zum Mitsingen. Dazwischen erzählt der Erzbischof von der Situation in einer Stadt, in der nicht einmal jeder Dritte einer Kirche angehört. "Wie verkünden Sie denen jetzt den Glauben?", fragt er, als eine Gruppe Jugendlicher vom Ufer aus das Schiff fröhlich grölend grüßt, und hat selbst die Lacher auf seiner Seite.
Doch Pessimismus ist Kochs Sache nicht. Er verweist auf viele prominente Vertreter auch in Politik und Gesellschaft Berlins, die sich zu ihrem Glauben bekennen. "Berlin ist keine gottlose Stadt", betont er in einem der vielen Einzelgespräche, die er ohne Mikrofon führt. Und er lobt die "selbstverständliche gute Ökumene von unten, die schon zu DDR-Zeiten gewachsen ist".
Nicht das einzige katholische Angebot beim Kirchentag
Scherzhaft verweist Koch auch auf ein weiteres Relikt aus jener Zeit, den Fernsehturm. Zum Ärgernis der damaligen Machthaber spiegelt sich die Sonne in Kreuzesform in dem Ost-Berliner Wahrzeichen. "Das ist unser großer Kirchturm", kommentiert Koch scherzhaft. Humorvoll spielt er damit auch auf die jüngste Debatte um Für oder Wider eines Kreuzes an, das auf dem wiedererrichten Stadtschloss geplant ist.
Mit einem bischöflichen Segen geht die ungewöhnliche Schiffsfahrt durch das historische Herz der Metropole zuende. Marion Jerzembeck hat sie gefallen. Was sie hier vom Erzbischof erfahren hat, war ihr neu, sagt die Protestantin aus Hannover. Wie er es seinen Zuhörern vermittelt hat, hat ihr auch gefallen. "Ein typischer Rheinländer", bemerkt sie über den gebürtigen Düsseldorfer Koch.
Ob sie am Abend wiederkommt, weiß sie noch nicht. Dann bietet das Kirchenschiff auch "Gespräche unter Deck" mit Experten und Musik an, die von der Katholischen Akademie veranstaltet werden. Es sind nicht die einzigen Angebote des Erzbistums Berlin zum Kirchentag. Auch Konzerte, Meditationen und Gelegenheiten zum Entspannen in und um die Sankt-Hedwigs-Kathedrale sind eine Alternative am Rande des Kirchentagstrubels.