Berliner Sozialzentrum zum Bundesfreiwilligendienst

"In die Manege des Lebens"

Zahlen der Bundesregierung zeigen, dass ein Drittel der jungen Menschen im Bundesfreiwilligendienst ihren Einsatz vorzeitig abbricht. Klingt nach einer hohen Zahl, doch im Sozialzentrum "Manege" in Berlin nimmt man es gelassen.

Bundesfreiwilligendienstler helfen bei der Pflege / © Friso Gentsch (dpa)
Bundesfreiwilligendienstler helfen bei der Pflege / © Friso Gentsch ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die Manege ist ein Sozialzentrum für Jugendliche zwischen 16 und 25. Woher kommt der Name?

Schwester Margareta Kühn (Leiterin der Manege in Berlin): 2005 sind wir mit zwei Ordensgemeinschaften in Marzahn-Hellersdorf gelandet und genau gegenüber fanden wir ein buntes, schönes, fröhliches, rotgelbes Zirkuszelt vor. Mit diesem schönen Kinder- und Jugendzirkus "Cabuwazi" haben wir heute noch viel Kontakt und wir dachten dieses Wort "Manege", das passt einfach – so in die Manege des Leben rein, sich etwas zutrauen, mutig zu werden, auf seine Lebensbühne kommen.

DOMRADIO.DE: Nun haben Sie eine relativ große Einrichtung, 59 Festangestellte, dazu die Freiwilligen. Wie verteilen sich da die Aufgaben?

Schwester Margareta: Die Festangestellten mit ihren Qualifikationen machen den größten Teil aus. Wir glauben aber, dass wir eine Einrichtung sind, die für junge Menschen sehr interessant sein kann. Gerade in dieser Lebensphase der Überlegung: Wer bin ich? Was mache ich? Wo geht es mit dem Studium oder dem Beruf hin? Deshalb haben wir mindestens zwei Stellen für den Bundesfreiwilligendienst, dazu oft noch ein, zwei Menschen in dem Freiwilligen Sozialen Jahr und natürlich auch Ehrenamtliche – vor allem Dingen Lehrerinnen und Lehrer im Ruhestand, die sagen: Ich bin noch fit genug für den Förderunterricht.

DOMRADIO.DE: Was für Aufgaben übernehmen die Freiwilligen?

Schwester Margareta: Unsere Bundesfreiwilligen sind ja junge Menschen, die genauso alt sind wie die Jugendlichen, die wir hier begleiten, betreuen und unterstützen. Das macht die Sache ganz schön herausfordernd. Wir haben ganz viele Begleitnotwendigkeiten, weil unsere jungen Menschen oft nicht allein zu den Ämtern gehen, wo sie dringend hinmüssen – ob ins Jobcenter, die Schuldnerberatung, zum Arzt oder in die therapeutische Betreuung. Deswegen ist dieser Ich-gehe-mit-dir-Dienst ein ganz wichtiger.

Und dann sind diese Menschen noch in den weiteren Arbeitsbereichen, in den Beratungen und überall mutig mit dabei. Dabei sind sie natürlich nie allein im Dienst, dazu ist die Aufgabe viel zu komplex und herausfordernd. Aber immer an der Seite eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin.

DOMRADIO.DE: Die Regierung hat diese Woche Zahlen herausgegeben, dass jeder Dritte im Bundesfreiwilligendienst seine Stelle vorzeitig abbricht. Ist das auch Ihre Erfahrung?

Schwester Margareta: Bisher hatten wir das nicht in dem Bereich des Freiwilligen Sozialen Jahres. Natürlich kann das individuell so kommen, dass man sagt: "Okay, ich bin ganz mutig eingestiegen und nach diesen Monaten weiß ich jetzt, was ich studieren will. Und jetzt werde ich nochmal zwei Monate die Welt sehen, das wollte ich schon nach meinem Abi." Dann verkürzt die Person halt um zwei Monate. Das tut uns auf der einen Seite Leid, weil ich denke, der ist jetzt gerade so gut eingearbeitet. Aber ich denke, wir, die solche Stellen anbieten, müssen diese jungen Menschen auch in ihrer individuellen Lebensplanung ernst nehmen. Und dann ist das keinen Abbruch für mich, sondern eher der nächste Schritt.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
KNA