Betroffene wollen keine "Mythenbildung" um Benedikt XVI.

Bei Missbrauch an die Opferseite stellen

Die bundesweite Betroffeneninitiative Eckiger Tisch fordert die Staatsspitze und deutsche Teilnehmer an der Beerdigung von Benedikt XVI. auf, sich auf die Seite der Opfer von Missbrauch zu stellen. So äußerte sich Matthias Katsch.

"Mythenbildung" um Benedikt XVI. / © Martin Gardeazabal (shutterstock)
"Mythenbildung" um Benedikt XVI. / © Martin Gardeazabal ( shutterstock )

"Lassen Sie sich nicht für den Versuch einspannen, die Geschichte umzuschreiben", erklärte Geschäftsführer Katsch in Berlin.

Matthias Katsch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Matthias Katsch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Die Rolle des früheren Papstes bei der Aufarbeitung von Missbrauch in der katholischen Kirche ist umstritten. Die einen sagen, er habe als erster die ganze Dramatik des Problems erkannt und deshalb wesentliche Veränderungen angestoßen.

Die anderen werfen Benedikt XVI. vor, er habe bis zuletzt die Betroffenen zu wenig im Blick gehabt und sich vor allem um das Wohl der Institution Kirche gesorgt.

Mythenbildung entgegentreten

Katsch forderte in dem Zusammenhang dazu auf, "der Mythenbildung über die Rolle des Verstorbenen in Bezug auf die Aufdeckung von sexuellem Kindesmissbrauch durch Kleriker der katholischen Kirche" entgegenzutreten.

Benedikt XVI. sei der Papst, "unter dem der Missbrauchsskandal nicht länger unter der Decke zu halten war" und nicht derjenige, der besonders aktiv an der Aufarbeitung mitgewirkt habe. Es seien vor allem Betroffene aus verschiedenen Ländern gewesen, die sich für die Aufarbeitung eingesetzt hätten.

"Null-Toleranz" bei Missbrauch

Weiter erklärte Katsch, die Politik solle mit Blick auf Missbrauch in der katholischen Kirche eine "Null-Toleranz" einfordern. Papst Franziskus müsse dazu ein universales Kirchengesetz erlassen. Zudem solle die deutsche Delegation den Vatikan zum Öffnen der Archive und zur Zusammenarbeit mit staatlichen Ermittlern auffordern.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r.) trägt sich in das Kondolenzbuch ein zum Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. in der Apostolischen Nuntiatur in Berlin. Links steht Erzbischof Nikola Eterovic, Apostolischer Nuntius in Deutschland / © Gordon Welters (KNA)
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (r.) trägt sich in das Kondolenzbuch ein zum Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. in der Apostolischen Nuntiatur in Berlin. Links steht Erzbischof Nikola Eterovic, Apostolischer Nuntius in Deutschland / © Gordon Welters ( KNA )

Die gesamte Bundesspitze wird am Trauergottesdienst teilnehmen. Dazu gehören neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (beide SPD), Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sowie Bundesratspräsident Peter Tschentscher und der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth.

Eckiger Tisch

Eckiger Tisch ist ein gemeinnütziger Verein, der die Interessen von Betroffenen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen speziell im Kontext der Katholischen Kirche vertritt. Im Rahmen unserer Möglichkeiten beraten und unterstützen wir Betroffene. Wir stellen Öffentlichkeit her und versuchen auf Politik, Kirche und Gesellschaft einzuwirken, damit alles getan wird zur Überwindung von sexuellem Kindesmissbrauch durch Kleriker.

Leere Stühle in einer Kirche / © MASSIMILIANO PAPADIA (shutterstock)
Leere Stühle in einer Kirche / © MASSIMILIANO PAPADIA ( shutterstock )
Quelle:
KNA