Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Freispruch für die sogenannte Wuppertaler Scharia-Polizei aufgehoben. In der Revisionsverhandlung urteilte der 3. Strafsenat in Karlsruhe, das Wuppertaler Landgericht habe maßgebliche Umstände des Falls nicht einbezogen und das Versammlungsgesetz falsch bewertet. Damit drohen den sieben Angeklagten, die in Wuppertal Passanten zum islamischen Lebenswandel aufgefordert hatten, wegen des Verstoßes gegen das Uniformverbot Haft- oder Geldstrafen. Die Angeklagten trugen Warnwesten, auf denen teils "Sharia-Police" zu lesen war (AZ: 3 StR 427/17).
Das Landgericht habe nicht ausreichend die einschüchternde Wirkung geprüft, die von den Kleidungsstücken ausging, so die Begründung der Karlsruher Richter. Sie verwiesen das Verfahren nun zur erneuten Verhandlung an das Wuppertaler Landgericht zurück.
Die mutmaßlich salafistischen Angeklagten hatten im September 2014 auf einem nächtlichen Rundgang in der Innenstadt von Wuppertal-Elberfeld für das islamische Gesetz der Scharia geworben. Sie sprachen junge Muslime an, um sie vor Spielhallen, Bordellen oder Alkohol zu warnen. Um die nötige Aufmerksamkeit für ihre Forderung zu erhalten, trugen die sieben Männer orangefarbene Warnwesten über ihrer Alltagskleidung. Auf manchen Warnwesten stand "Sharia-Police".
Der Begriff "Scharia" steht für ein islamisches Rechtssystem, welches auch drakonische Strafen wie Peitschenhiebe, Abschlagen von Gliedmaßen oder Steinigungen vorsehen kann. Das Auftreten als "Scharia-Polizei" hatte infolge der medialen Berichterstattung bundesweit für Empörung gesorgt.
Die Staatsanwaltschaft warf den Angeklagten einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vor. Sie hätten gegen das darin enthaltene "Uniformverbot" verstoßen oder dazu Beihilfe geleistet. Danach ist es verboten, in der Öffentlichkeit Uniformen oder Teile davon "als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung zu tragen", um damit einschüchternd zu wirken. Bei Verstoß droht eine bis zu zweijährige Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe. Das Landgericht Wuppertal sprach jedoch alle Angeklagten im November 2016 frei. Das Tragen von Warnwesten stelle noch keine Uniform dar. Es sei auch nicht festzustellen, dass den Angeklagten bewusst war, dass das Tragen der Warnwesten mit der Aufschrift "Sharia-Police" verboten sei. Das Uniformverbot greife nur, wenn damit eine "suggestiv-militante einschüchternde Wirkung gegenüber Dritten" erzielt werden solle. Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
Der Bundesgerichtshof bewertete das Urteil des Landgerichts nun als "rechtsfehlerhaft" und verwies das Verfahren an eine andere Strafkammer zurück. Das Landgericht habe es versäumt, die einschüchternde Wirkung der Angeklagten mit ihren Warnwesten konkret auf muslimische junge Männer zu untersuchen. Gerade mit dem Schriftzug "Sharia-Police" sei solch eine Wirkung auf Muslime nicht ausgeschlossen. Denn mit dem Begriff "Sharia-Police" könne auch eine Verbindung zur Religionspolizei in einigen islamischen Ländern gezogen werden. (kna/epd/Stand 11.01.2018)