Bielefeld widmet Yoko Ono Retrospektive

Friedensbotschafterin der Kunst

Den meisten ist Yoko Ono nach wie vor als die Frau an der Seite des 1980 verstorbenen Beatle John Lennon bekannt. Böse Stimmen behaupten bis heute, sie sei der Grund für das Ende der "Fab Four" gewesen. Dass die Japanerin auch eine bedeutende Künstlerin ist, beweist eine Retrospektive in der Kunsthalle Bielefeld gerade wieder eindrucksvoll.

Autor/in:
Katrin Nordwald
 (DR)

Das fünf mal fünf Meter große Schachbrett aus Marmor mit ausschließlich weißen Spielfiguren irritiert. Nach dem ersten Zug wären Bauern und Türme der beiden Seiten nicht mehr voneinander zu unterscheiden. "Play it by Trust  Spiel es im Vertrauen" heißt die bekannte Installation Yoko Onos, die die japanisch-amerikanische Künstlerin seit 1966 immer wieder variiert hat. Ihre Botschaft ist simpel: Das Miteinander ist wichtiger als gegenseitige Konkurrenz. Die Installation ist Herzstück einer Retrospektive, die die Kunsthalle Bielefeld seit Sonntag der Lennon-Witwe widmet.

Unter dem Titel "Between the Sky and my Head" werden bis 16. November über 200 Werke der 75-jährigen Avantgardistin von den 60er Jahren bis heute gezeigt. Onos Repertoire reicht dabei von Skulpturen und aufwendig gestalteten Tuschezeichnungen über Fotografien und Filme bis zu Video- und Klanginstallationen. Im Kunsthallenpark wird am 27. September eine "Goldene Leiter" installiert, als Allegorie auf das Ausstellungsthema "Zwischen dem Himmel und meinem Kopf".

Zu den frühesten Arbeiten gehört das "Cough Piece" von 1961, eine absurde Regie-Anweisung zum stundenlangen Husten, die für die Bielefelder Ausstellung jetzt verwirklicht wurde. In einem Raum jetzt Onos monotones Husten endlos aus Lautsprechern. Die Husten-Anweisungen stammen aus ihrer selbstverlegten Stückesammlung "Gapefruit". Anfang der 60er Jahre war Ono Teil der Fluxus-Bewegung, deren Gründer George Maciunas (1931-1978) und Vertreter wie der Deutsche Wolf Vostell (1932-1998) mit seltsamen Happenings den herkömmlichen Kunstbetrieb hinterfragten.

Pionier der Konzeptkunst
Die 1933 in Tokio geborene Ono sei eine der Pioniere der Konzeptkunst, die jedoch lange Jahre im Schatten ihres dritten Ehemannes und Beatles-Musikers John Lennon gestanden habe, sagt Kunsthallen-Sprecherin Christiane Heuwinkel. Bereits seit den 50ern arbeitete die ausgebildete Musikerin als Künstlerin, Komponistin und Sängerin und war Mittelpunkt der US-Avantgarde der 60er Jahre. Mit einer großen Werkschau im Jahr 2000 in Japan, die auch durch Amerika tourte, sei sie von der breiten Öffentlichkeit wieder entdeckt und als eigenständige Persönlichkeit wahrgenommen worden.

Die Bielefelder Ausstellung setze sich mit Onos kosmischem, poetischem und politischem Verständnis menschlicher Kultur auseinander, erläutert Kunsthallen-Leiter Thomas Kellein. Ihr Werk gebe stets ihre Träume und Visionen von Veränderung wieder. Besonders nach dem gewaltsamen Tod Lennons, der 1980 in New York erschossen wurde, sei das Spielerische ihres frühen Werkes gegenüber ernsten Themen in den Hintergrund getreten, ergänzt Heuwinkel.

Gewalt ist in der Ausstellung ein wiederkehrendes Thema. Das Objekt "Family Album" mit blutbespritzten Alltagsgegenständen von 1993 etwa versinnbildlicht Familie als Ort von Gewalt. In einem Nebenraum ließ Ono drei große Erdhaufen aufschichten, die sie ausgegrenzten Frauen sowie Opfern von Kindesmissbrauch und Vergewaltigung gewidmet hat. Die begehbare Installation "Pieces of Sky  Stücke des Himmels" mit 25 Wehrmachtshelmen soll daran erinnern, dass deutsche Soldaten im Zweiten Weltkrieg zwar als Aggressoren auftraten, aber auch ihr Leben für ihr Land opferten. Die Helme sind gefüllt mit Puzzleteilen, bedruckt mit Himmelsmotiven, die die Besucher mitnehmen können.

Eine universelle Friedensbotschafterin
Onos Kunst wirke sehr spröde, da sie viel mit großen weißen Flächen und Sprache arbeite, erklärt Heuwinkel. Dahinter stehe immer auch eine universelle Friedensbotschaft wie bei "Pieces of Sky". Versöhnung sei der bekennenden Freidenkerin, die als Japanerin im Amerika der 50er Jahre und später als Ehefrau von Lennon Rassismus und Ablehnung erfahren musste, ein besonderes Anliegen.

Oft bindet Ono den Betrachter in ihre Kunst ein. Am Eingang der Kunsthalle stehen zwei ihrer "Wish Tree"-Olivenbäume, die sie schon weltweit zeigte. Bielefelder Schüler haben Papierstreifen mit ihren Wünschen daran gehängt. Ausstellungsbesucher können weitere Zettel hinzufügen. Und mit einem weißem Plakat an der Außenwand der Kunsthalle richtet Ono ihre zentrale Botschaft "Imagine Peace - Stell Dir den Frieden vor" an die vorbeihastenden Menschen.