Eine "historische Mission": So nannte Kardinal Oswald Gracias am Montag im Vatikan den gemeinsamen Appell von Bischofskonferenzen aller fünf Kontinente an die bevorstehende Weltklima-Konferenz in Paris. Zum ersten Mal überhaupt hätten die Vorsitzenden der kontinentalen Zusammenschlüsse der Bischofskonferenzen einen solchen Aufruf verabschiedet, so der Erzbischof von Mumbai in Indien, der den asiatischen Bischöfen vorsteht.
Forderungskatalog mit zehn Punkten
Die Unterzeichner des Appells fordern ein "gerechtes und verbindliches Klimaschutzabkommen". Der zehn Punkte umfassende Forderungskatalog der Bischöfe ist konkreter als die Umweltenzyklika von Papst Franziskus; er vermeidet jedoch weitgehend eine Festlegung auf Zahlen und Fristen. Nur einmal nennt er eine Jahreszahl: Bis zur "Mitte des Jahrhunderts", also 2050, soll die vollständige Umstellung auf eine kohlendioxidneutrale Wirtschaft erfolgen. Die G-7-Staaten hatten dieses Ziel während ihres jüngsten Gipfels auf Schloss Elmau für 2100 angepeilt.
Man wolle die konkreteren Forderungen den Wissenschaftlern überlassen, erklärte Gracias auf die Frage eines Journalisten, warum der Appell für den weltweiten Temperaturanstieg keine Obergrenze nenne. Die hatte vorher nur der Vorsitzende des Zusammenschlusses der Bischofskonferenzen von Ozeanien, John Ribat, in seiner Stellungnahme genannt. Er forderte eine Begrenzung auf 1,5 Grad gegenüber dem Niveau zu Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts.
Konferenz beginnt am 30. November
In den Verhandlungen zur Weltklima-Konferenz werden bislang zwei Grad angestrebt. Der UN-Klimagipfel tritt vom 30. November bis 11. Dezember in Paris zusammen. Staats- und Regierungschefs sollen ein neues Klimaabkommen verabschieden, das an die Stelle des sogenannten Kyoto-Abkommens von 1997 treten soll.
Auffällig war am Montag, dass die Teile der Erde, deren Bevölkerung durch ihren Lebensstil am meisten zum Klimawandel beiträgt, auf dem Podium im vatikanischen Presseamt wenig prominent oder gar nicht vertreten waren. Während die kontinentalen Zusammenschlüsse der Bischofskonferenzen Asiens, Lateinamerikas und Ozeaniens jeweils durch ihren Vorsitzenden vertreten waren, sprach für die Kommission der EU-Bischofskonferenzen COMECE nur deren stellvertretender Vorsitzender, der Weihbischof von Mechelen-Brüssel, Jean Kockerols.
Kaum Europäer, kein Nordamerikaner
Ein Nordamerikaner saß überhaupt nicht auf dem Podium. Unter konservativen Katholiken in den USA war die Umweltenzyklika des Papstes zum Teil auf große Vorbehalte gestoßen, nicht zuletzt wegen ihrer Aussagen zum Klimaschutz. Laut vatikanischem Presseamt waren der Generalsekretär der US-amerikanischen Bischofskonferenz und der frühere Vorsitzende der kanadischen Bischofskonferenz jedoch zumindest anwesend. Auf der Liste der Unterzeichner des Appells steht allerdings auch der Vorsitzende der US-amerikanischen Bischofskonferenz, Erzbischof Joseph Kurtz.
Die katholische Kirche ist nicht die einzige Religionsgemeinschaft, die einen Appell an die Weltklima-Konferenz gerichtet hat: Vor einer Woche wurde der Chefin des UN-Klimaschutzsekretariates (UNFCCC), Christiana Figueres, ein Aufruf von 154 Vertretern verschiedener Religionen überreicht. Darin fordern die Unterzeichner, unter ihnen der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und der Weltkirche-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Ludwig Schick, einen schrittweisen Ausstieg aus der fossilen Energie bis 2050.
Welche Erfolgsaussichten hat ein solcher Appell zum Klimaschutz von Bischofskonferenzen aller Kontinente? Die katholische Kirche sei ein "sehr wichtiger Akteur" auf diesem Feld, sagte der frühere Vizepräsident des Klimaschutzsekretariats, Jean Pascal van Ypersele de Strihou am Montag im Vatikan. Er äußerte sich "optimistisch", dass es ein neues Klimaschutzabkommen gebe werde. "Weniger optimistisch" sehe er hingegen, ob es ausreiche. Und er fügte hinzu, diese Formulierung sei noch beschönigend. Der Appell der Bischöfe endete mit einem Gebet.