Bischöfe im Advent

Bischof Ipolt über den Mut zum Neuanfang

Jeden Tag ein Impuls: Die deutschen Bischöfe haben für DOMRADIO.DE ihre Gedanken zum Advent formuliert. Bischof Ipolt aus Görlitz spricht über den Mut zum Neuanfang und über die Chance, das Gebet innerhalb der Familie wieder zum Leben zu erwecken.

 (DR)

Liebe Hörerinnen und Hörer von DOMRADIO.DE. Manch einer meiner Bischofskollegen und viele andere Menschen haben im zurückliegenden Jahr unseren Mut im Bistum Görlitz bewundert. Weil es gelungen ist, im Osten Deutschlands ein neues Kloster zu gründen. Zumindest der Anfang ist gemacht. Sechs Zisterzienser aus dem Stift Heiligenkreuz sind im September nach Neuzelle in Brandenburg gekommen und haben in der alten Stiftskirche an der Oder nach 200 Jahren wieder mit dem Chorgebet begonnen. Auch diese Mönche beweisen großen Mut. Sie verlassen ein funktionierendes und weltbekannten Kloster in österreich und wagen einen neuen Anfang in einer Region, in der es nur noch wenige Christen gibt und in der der Glaube höchstens noch wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten wirkt. Zu Anfängen und Aufbrüchen gehört immer Mut. Zu Neuanfänge gehören Menschen, die etwas wagen und es sich nicht bequem machen. Wir wollen uns nicht in ein gemachtes Nest setzen. So hat es Abt Maximilian immer wieder formuliert und damit ausgedrückt, dass die Mönche selbst etwas aufbauen und gestalten wollen und darum klein und bescheiden beginnen werden. Das hat mir als Bischof auch Mut gemacht und nicht zuletzt den Menschen, die zunächst skeptisch und mit vielen Fragen diesen Anfang beobachteten.

Dieses Ereignis erzähle ich Ihnen heute, weil es für mich etwas adventliches in sich trägt. Es ist ein Hoffnungszeichen, wenn in unserer Zeit, die in vieler Hinsicht an einem großen Glaubensabbruch leidet, an einem Ort das regelmäßige Gebet wieder begonnen wird. Schon jetzt zeigt sich in Neuzelle, dass Menschen sehnsüchtig nach Gott suchen. Manche sind bei den Gebetszeiten der Mönche anwesend und lassen sich durch kurze Erklärungen einführen in den Glauben und in diese Weise des Betens. Ich muss bei diesem mutigen Neuanfang an ein Gedicht von Reinhold Schneider denken das er im Jahre 1936 geschrieben hat. Da war er gerade 33 Jahre alt.

Dieses Gedicht lautet in seiner ersten Strophe: Allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwert ob unseren Häuptern aufzuhalten und diese Welt den richtenden Gewalten durch ein geheiligt Leben abzuringen. Das Vertrauen in die Kraft des Gebets und ein "geheiligt Leben" - ein Leben, das auf Gott ausgerichtet ist. Beides sollten wir im Advent wieder einüben. Ordensleute machen uns das exemplarisch vor. Ich meine aber, es braucht heutzutage genauso unseren Mut, damit neu zu beginnen. Wagen Sie es doch einfach einmal, Ihrem Ehepartner, Ihrer Familie folgenden Vorschlag zu machen: Wir könnten doch das Gebet in der Familie wenigstens einmal in der Woche neu zum Leben erwecken. Zum Beispiel am Vorabend des Sonntags uns versammeln, eine Kerze entzünden, das Sonntagsevangelium lesen und einige bitten und Anliegen vor Gott tragen, die uns in der letzten Woche bewegt haben. Ich weiß, da gehört Mut dazu, dieses Thema anzusprechen und erst recht es in die Tat umzusetzen. Ich verspreche Ihnen: Ich bete darum, dass Sie einen solchen Anfang wagen können, so wie ich auch für die neuen Mönche in Neuzelle bete, denn ich glaube an die Kraft des Gebets. Ich wünsche Ihnen fruchtbare und von Hoffnung erfüllte adventliche Tage und grüße Sie herzlich aus dem Osten der Republik. Möge Gott Sie an diesem Tag segnen und begleiten.


Quelle:
DR