Hintergrund für diesen Appell sei die Zunahme von Hass in der Gesellschaft, so Marx am Karfreitag beim "Kreuzweg der Völker" in München. Dabei appelliert er laut Redemanuskript vor allem an die Christen in Deutschland, auf Muslime und Nicht-Glaubende zuzugehen.
"Es scheint mir wieder neu eine Zeit der verbalen, politischen und militärischen Aufrüstung zu sein", sagt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Stärke werde demonstriert; auch gelte die Logik von Gewinnern und Verlierern. Sieger solle sein, wer am lautesten, deutlichsten und mächtigsten seine Interessen vertrete, beklagt der Erzbischof von München und Freising. "Man will Frieden schaffen, so sagt man, mit immer mehr Waffen. Wie soll das gehen? Ich kann eine solche Logik nicht akzeptieren."
Christen seien deshalb aufgerufen, überall in der Welt klar zu verkünden: "Nicht die Gewalttätigen werden das Land besitzen, sondern die Gewaltlosen." Nicht die, die andere mit militärischen, wirtschaftlichen und politischen Mitteln beherrschen und unterwerfen wollten, würden sich am Ende durchsetzen, sondern die Sanften und Barmherzigen, die, die Frieden stiften und möglich machten.
Gewaltlosigkeit und Liebe
Marx verweist darauf, dass in der Vergangenheit zwischen den Nationen und Konfessionen Gräben aufgerissen und Feindschaften über Generationen weitergegeben worden seien. Doch wo Hass und Gewalt gepredigt werde, müssten Christen Nein sagen. Sie verurteilten es, wenn Menschen angegriffen, Kirchen, Synagogen oder Moscheen angezündet und geschändet werden.
Zugleich fordert der Kardinal, den Weg von Gewaltlosigkeit und Liebe auch in der Begegnung mit anderen Religionen und Nicht-Glaubenden zu gehen. "Denn wir wissen aus unserer eigenen Erfahrung als Christen in Europa und in der Welt: Ohne Freundschaft, ohne Begegnung, ohne Offenheit für den anderen gibt es kein Verstehen; gibt es keine Versöhnung, gib es keine Gemeinschaft, sondern dann entstehen Misstrauen, Angst und Gewalt."
Erzbischof Schick: Kreuz ist "Markenzeichen unserer Kultur"
Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat am Karfreitag bei der der traditionellen Karfreitagsprozession im oberfränkischen Neunkirchen am Brand das Kreuz als "Markenzeichen unserer Kultur und Zivilisation" bezeichnet. Deshalb müsse es auch im öffentlichen Leben erhalten bleiben, so Schick. Das Kreuz sei kein Zeichen des Todes, sondern des Protests gegen alles Töten durch Krieg, Terror und Verbrechen, aber auch gegen Abtreibung und sogenannte Euthanasie, durch die alte und kranke Menschen getötet würden.
Schick rief dazu auf, das Kreuz auch Nichtchristen verständlich zu machen, "damit sie unsere Kultur verstehen, die ohne das Kreuz nicht zu verstehen ist, damit sie Ja sagen zu dieser Lebensweise, die vom Sinngehalt des Kreuzes geprägt ist". Denn es stehe auch für Gleichheit und Einheit, für die Achtung der Menschenwürde und der Menschenrechte, für Schutz und Hilfsbereitschaft. Die Karfreitagsprozession in Neunkirchen am Brand gibt es seit 350 Jahren. Bei ihr werden lebensgroße Holzfiguren durch den Ort getragen, die das Leiden und Sterben Jesu darstellen.
Ruhrbischof Overbeck: Nur Wandel führt in die Zukunft
Der Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat im Karfreitagsgottesdienst am Ende des Kreuzwegs auf der Halde Prosper Haniel in Bottrop Kirche und Gesellschaft im Ruhrgebiet zu Mut zur Veränderung aufgerufen. "So wie das Ruhrbistum und das Ruhrgebiet zusammengehören, so gehört heute zu beiden ein unübersehbarer Strukturwandel", sagte Overbeck. Für das Bistum Essen gelte ebenso wie für das Ruhrgebiet: "Nur der hat eine Zukunft, der sich wandelt und bewegt."
Ein solcher Weg sei auch steinig und mit Problemen behaftet, sagte Overbeck laut Redetext und betonte zugleich: "Wir können, da wir als Christen von Ostern leben, in aller Nüchternheit den Schmerz des Abschieds und der Trauer mit der Hoffnung auf Neues verbinden." Das Ruhrbistum und das Ruhrgebiet könnten zeigen, "was es heißt, zusammenzugehören als Mitgestalter eines nachhaltigen Wandels durch Innovation und Kreativität".
Als Beispiele für einen nachhaltigen Wandel nannte Overbeck ein größeres Bewusstsein für Ökologie und mehr Offenheit für Impulse der jungen Generation. Zudem brauche es ein Gespür für soziale Gerechtigkeit und Zusammenhalt "weit über nationale und religiöse, erst recht konfessionelle Grenzen hinweg und hinaus", betonte der Essener Bischof.
Bischof Genn: Niemand kann Jesus bei Erlösung ersetzen
Der Münsteraner Bischof Felix Genn hat zu Karfreitag die Einsamkeit und Einzigartigkeit Jesu auf dem Weg zur Kreuzigung hervorgehoben. Jesus gehe den Weg ganz allein, sagte Genn am Freitag in Münster. Die Erlösung sei sein Werk, niemand könne ihn darin ersetzen. Auch könne sich niemand herausnehmen, so zu leiden wie er. Jesus gehe jedoch zugleich mit den Menschen. Einige Menschen lasse Jesus an dieser Verlassenheit und Einsamkeit teilnehmen.
Bischof Kohlgraf: Kreuz ist Hoffnungszeichen
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hat dazu aufgerufen, das Leiden und den Kreuzestod Jesu "nicht zu schnell zu verharmlosen". Dass das Gute kaum Kraft habe und der Tod stärker als das Leben sei, davon könnten viele Menschen ein Lied singen, sagte Kohlgraf im Mainzer Dom.
Auch der Glaube übertünche diese Erfahrung nicht, "er ist nicht Opium des Volkes gegen die harte Realität". Vielmehr stelle er sich dieser Erfahrung. "Der Glaube muss die Realität aushalten, auch die scheinbare Ohnmacht Gottes."
Christen glaubten aber auch an den Sieg des Lebens und der Liebe, betonte der Bischof laut Manuskript. Das mache das Kreuz zu einem Motor für den Versuch, mit Gottes Hilfe den Weg des Gottesknechts mitzugehen: Leid wahrzunehmen und mitzutragen, für andere einzustehen, Hoffnung zu schenken und Hass durch Liebe zu beantworten. "Das Kreuz des Karfreitags ist dann ein Hoffnungszeichen für Gottes Macht, die am Ende den Tod, das Böse und die Schuld besiegt", sagte Kohlgraf.
Bischof Ackermann: Einsatz gegen Unrecht und Lügen
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat für den Einsatz gegen Unrecht und Lügen geworben. "Den Karfreitag können wir nur dann richtig feiern, wenn wir bereit sind, Unrecht beim Namen zu nennen und uns einzusetzen für Menschen, denen Unrecht getan wird, die Opfer der Stärke anderer werden", sagte er am Freitag im Trierer Dom. Der Karfreitag mahne dazu, der Lüge in der Welt Grenzen zu setzen, sie aufzudecken und sich nicht weg zu ducken. Es gehe darum, sich nach dem Beispiel Jesu für die Wahrheit einzusetzen und sich nicht mit Halbwahrheiten und gefälschten Wahrheiten zufrieden zu geben.
Die Fülle der Informationen und die Schnelllebigkeit der vernetzten Welt können laut Ackermann die Unterscheidung zwischen richtig und falsch manchmal erschweren. "Wenn wir ehrlich auf unser Gewissen hören und uns immer wieder Orientierung geben lassen durch die Botschaft des Evangeliums, dann lassen sich sehr wohl Unterscheidungen treffen über das, was wahr und falsch ist, was dem Menschen dient und was nicht, was aufbaut und was zerstört", betonte der Trierer Bischof. Oft reichten dafür schon menschliches Mitgefühl und der gesunde Menschenverstand.
Bedford-Strohm: "Hass und Gewalt sind nichts Normales"
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hat in seiner Predigt zum Karfreitag an Menschen erinnert, die wegen ihrer Religion oder ihres Engagements verfolgt werden. Christen könnten sich nie mit dem Hass in der Welt abfinden, sagte er laut Manuskript in der Münchner St. Matthäuskirche. "Hass und Gewalt sind nichts Normales", betonte der bayerische Landesbischof.
An Karfreitag erinnern Christen an den Tod Jesu am Kreuz. Damit sei es auch ein Tag des Protestes gegen das Vergessen, sagte Bedford-Strohm. Er erinnerte an Christen, die wegen ihres religiösen Bekenntnisses verfolgt werden, an Menschen, denen wegen des Engagements für Menschenrechte, Gerechtigkeit und Frieden Verfolgung droht sowie an Flüchtlinge, die auf der Flucht ihr Leben riskieren.
Bedford-Strohm würdigte in seiner Predigt den US-amerikanischen Baptistenpfarrer und Bürgerrechtler Martin Luther King, dessen Ermordung sich am Mittwoch zum 50. Mal jährt. Dessen Weg der Gewaltfreiheit und Liebe sei nicht naiv, sagte Bedford-Strohm. Das sei heute "der einzig realistische Weg" und ein Vorbild für den Umgang mit Hass, Ausgrenzung und Leid.