Bischöfe stellen Wort zu Terrorismus vor und kritisieren Politik

Eine ethische Herausforderung

Zehn Jahre nach den Anschlägen des 11. September haben die katholischen Bischöfe Deutschlands eine kritische Bilanz des Kampfs gegen den Terror gezogen. Sowohl bei der inneren Sicherheit als auch bei der internationalen Bekämpfung des Terrors müssten Menschenrechte und Rechtstaatlichkeit geschützt werden, heißt es in dem am Montag in Berlin veröffentlichten Bischofswort "Terrorismus als ethische Herausforderung".

 (DR)

Mit dem Papier entwickelt die Kirche ihr im Jahr 2000 - zum Ende des Kalten Krieges - veröffentlichtes Bischofswort "Gerechter Friede" weiter. Die von einem weltweit vorgehenden nichtstaatlichen Netzwerk durchgeführten Terrorangriffe auf New York und Washington sowie der von der US-Regierung ausgerufene "Krieg gegen den Terrorismus" hätten die Welt mit einer neuartigen Dimension der Gewalt konfrontiert, so die Bischöfe. Das habe die friedensethische Diskussion auch in der katholischen Kirche neu entfacht.



Die Bischöfe bekräftigen den Grundsatz der christlichen Friedenslehre, dass der Einsatz von Gewalt nur in wenigen Ausnahmesituationen legitim sein könne, etwa im Fall eines drohenden Völkermords oder schwerster Menschenrechtsverletzungen. Absolute Priorität müsse die Vorbeugung von Gewalt haben: Die Völkergemeinschaft müsse deshalb den Dialog zwischen Kulturen fördern, das Völkerrecht weiter entwickeln und Schlichtungsverfahren stärken. Zugleich fordert die Kirche, dass zuerst die Ursachen des Terrors bekämpft werden müssen. Die Terroristen dürften nicht dadurch siegen, dass das Vertrauen in die Menschenrechtspolitik und den Rechtsstaat beschädigt würden. "Eine Welt, in der den meisten Menschen vorenthalten wird, was ein menschenwürdiges Leben ausmacht, ist nicht zukunftsfähig. Sie steckt auch dann voller Gewalt, wenn es keinen Krieg gibt", heißt es in dem Papier.



Deutliche Kritik an der Politik

Die Bischofskonferenz übt indirekt deutliche Kritik an der Politik westlicher Staaten. Ohne die Gefängnisse von Guantanamo und Abu Ghraib zu nennen, heißt es in dem Papier, wer sich selbst rechtswidrig verhalte, stelle dass Völkerrecht infrage und vereitele einen dauerhaften Frieden. Eindeutig verurteilen die Bischöfe auch die US-Strategie von vorbeugenden Kriegen: "Eine Sicherheitsdoktrin, die für sich in Anspruch nimmt, das Selbstverteidigungsrecht zeitlich weiter vorzuverlagern (...) lässt die Konturen des Gewaltverbots bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen."



Mit Blick auf den Islam warnt die Kirche vor einer Gleichsetzung muslimischer Glaubensüberzeugungen mit Gewaltbereitschaft. Die Terroranschläge seien von vielen Muslimen weltweit verurteilt worden. Die Bischöfe mahnen auch zur Gewissenserforschung darüber, warum viele Muslime das Verhalten des Westens als aggressiv wahrnehmen und sich gedemütigt fühlen. Dazu gehöre nicht nur die Erinnerung an die europäische Kolonialpolitik, sondern auch "eine kritische Reflexion der heutigen politischen Sprache, etwa die Rede vom Krieg gegen den Terror".



Mit eindringlichen Worten warnen die Bischöfe auch vor einer Schwächung der Menschenrechte. So weisen sie Überlegungen zurück, dem Staat im Kampf gegen den Terror Sondervollmachten zu geben. Zugleich bekräftigen sie ihre Forderung nach einem absoluten Folterverbot. Im Spannungsverhältnis zwischen Freiheitsrechten und Sicherheit plädiert die Bischofskonferenz für möglichst geringe Eingriffe in die persönliche Freiheit. Elementare Standards des Rechtsstaats dürften nicht um kurzfristige Erfolge bei der Bekämpfung von Terroristen missachtet oder ausgehöhlt werden.