Bischöfin ermutigt Sportler zum Protest bei Olympischen Spielen

Ein Armband für die Menschenrechte

Es ist schwarz, aus Silikon und passt um jedes Handgelenk. Und es trägt die Aufschrift "...dass Gerechtigkeit und Friede sich küssen - Olympia 2008". Mehrere Tausend Armbänder, bedruckt mit einem "Hoffnungsvers der Bibel", will die hannoversche Bischöfin Margot Käßmann vor den Olympischen Spielen an Sportler und Interessierte verschenken. 2.000 Bänder wurden bereits verschickt. Aktive und Zuschauer sollen damit in Peking und auch anderswo gegen Menschenrechtsverletzungen in China protestieren. "Wir dürfen nicht wegschauen, weder aus politischer noch aus ökonomischer noch aus religiöser Rücksichtnahme", sagt Käßmann.

Autor/in:
Michael Grau
 (DR)

Bei den Athleten stößt die Aktion auf ein positives Echo.
Hockey-Nationalspielerin Anke Kühn (27) aus Hannover etwa kann sich vorstellen mitzumachen. «Es geht uns alle etwas an, wenn wir dort Sport ausüben», sagt die Mittelfeldspielerin aus dem Gold-Team von 2004. «Wir möchten, dass die Menschenrechte akzeptiert werden. Wir stehen in der Öffentlichkeit und können nicht sagen, das gehe uns nichts an.» Eine Sportler-Initiative hat deshalb selbst eine Aktion für Menschenrechte mit grün-blauen Armbändern entwickelt. 10.000 Exemplare sollen schon bestellt worden sein.

Auch Schwimmer Lars Conrad aus Hannover, 2004 in Athen Gewinner der Silbermedaille in der 4x100 Meter-Lagen-Staffel, findet die Idee gut: «Jeder intelligente Sportler sollte dazu eine Meinung haben und sich positionieren.» Für Conrad ist jedoch klar: «Ich kann den ganzen Tag mit so einem Bändchen herumlaufen, aber im Wasser nehme ich es ab.» Schließlich würde ihn das Band einige Hundertstelsekunden kosten.

Und auch einen Ausschluss wegen politischer Botschaften im Wettkampf will Conrad nicht riskieren. Noch ist für ihn unklar, wann und wo ein solches Armband getragen werden darf: bei der Siegerehrung, bei der Eröffnungsfeier, bei Pressekonferenzen? Der Schwimmer ist deshalb gespannt auf den Kodex des Internationalen Olympischen Komitees für Meinungsäußerungen von Sportlern, den IOC-Präsident Jacques Rogge angekündigt hat.

Beim Deutschen Olympischen Sportbund in Frankfurt/Main sorgt die Meinungsfreude vieler Sportler seit einiger Zeit für Kopfzerbrechen. «Jeder Sportler ist ein mündiger Bürger, der seine Meinung jederzeit äußern kann - vor während und nach den Spielen und auf Pressekonferenzen», betont Sprecher Gerd Kraus. Politische Demonstrationen während des Wettkampfs seien jedoch untersagt: «Ein Sportwettkampf soll keine politische Bühne sein.»

Kraus verdeutlicht seine Haltung mit dem Bild eines 10.000-Meter-Laufes, bei dem von 20 Läufern 18 ein T-Shirt mit einer politischen Botschaft tragen. Neben «Free Tibet» könne dann gegen die Politik der USA, Israels oder für ein freies Baskenland demonstriert werden: «Wer entscheidet eigentlich, was getragen werden darf und was nicht?» Was wäre, fragt Kraus, wenn Armbänder für Saddam Hussein auftauchten? «Olympia ist ein Fest der Völkerverständigung», betont er. Die Völker der Welt sollten sich begegnen können, ohne das politische Forderungen sie trennten.

Bischöfin Margot Käßmann hofft unterdessen, dass Olympia zu einer Chance für die Menschenrechte wird. Dass die Sportler im Wettkampf selbst kein Armband tragen wollen, kann sie verstehen: «Aber gefragt sind die IOC-Funktionäre, die wussten, dass sie die Spiele in ein Land vergeben, in dem es brutale Verletzungen der Menschenrechte gibt.» Von ihnen erwarte sie Zivilcourage: «Sonst hätte die Welt doch den Eindruck, der Sport kuscht vor Politik und Geld, während sich beide den Sport zunutze machen.»

Bisher haben der Pressestelle zufolge zahlreiche Sportvereine, Schulen und Kirchengemeinden sowie Privatpersonen Armbänder bestellt. Weitere 4.000 Bänder werden in Kürze erwartet. Die Armbänder können angefordert werden unter der Telefonnummer 0511/1241-707 oder per Mail an Corinna Kuschel, Stichwort: Olympia 2008. Die Empfänger erhalten mit den Bändern auch eine Spenden-Adresse für ein kirchliches Projekt zur Unterstützung von Menschenrechten in China.