Das Bistum Rottenburg-Stuttgart sucht einen neuen Bischof. Der seit 23 Jahren amtierende Bischof der viertgrößten deutschen Diözese, Gebhard Fürst, ist am Samstag an seinem 75. Geburtstag mit einem Festakt und einem Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet worden. Fürst hatte sein Amt als Oberhaupt von knapp 1,7 Millionen Katholiken in Württemberg im Jahr 2000 angetreten und war damit der am längsten amtierende deutsche Ortsbischof. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Amt bleibe er - emeritierter - Bischof. "Ein Leben nach dem Bischof gibt es in der katholischen Kirche nicht", sagte Fürst schmunzelnd.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, würdigte Fürst als "prägende Kraft" der Kirche. Fürst habe "die Kirche in Deutschland auf ihrem Synodalen Weg immer gefördert", sagte Bätzing im Rottenburger Dom mit Blick auf den katholischen Reformprozess. "Synodalität ist für Dich innere Überzeugung und keine notwendige Last", so Bätzing zu Fürst, den er als "treuen Weggefährten" bezeichnete.
23 Jahre Amtszeit
In der Bischofskonferenz, in der Fürst in den 23 Jahren seiner Amtszeit mehrere herausgehobene Funktionen bekleidete, habe er sich "wo immer es ging, zu Wort gemeldet", so der Vorsitzende. "Du warst kein Leisetreter oder jemand, der lieber schweigt. Ganz im Gegenteil: Du hast Position bezogen", sagte Bätzing. Fürst habe von seinen Erfahrungen berichtet, darunter "mutigen Visionen von Synodalität und gemeinsam getragener Verantwortung im Bistum Rottenburg-Stuttgart".
Fürst sei es gelungen, "Wegmarken zu setzen, die für Aufmerksamkeit nicht nur im Bistum, sondern im ganzen Bundesgebiet und weit darüber hinaus sorgten - auch südlich der Alpen", so Bätzing mit Blick auf den Vatikan, der den Synodalen Weg zuletzt mehrfach kritisiert hatte. Der Papstbotschafter in Deutschland, Nuntius Nikola Eterovic, war ebenfalls nach Rottenburg gekommen. Beim Festakt in der Rottenburger Festhalle hielt Eterovic eine knappe Rede, in der er Fürst "für alles Gute, das Sie als Bischof getan haben" dankte.
Nie gescheut sich kritisch zu äußeren
Bätzing wurde da konkreter. Er wies darauf hin, dass Fürst 22 Jahre lang Mitglied in der Glaubenskommission der Bischofskonferenz und ebenso lange Vorsitzender der Unterkommission Bioethik war, außerdem vier Jahre Mitglied des Nationalen Ethikrats der Bundesregierung. "In dieser langen Zeit hast Du Dich nie gescheut, Dich zu schwierigen ethischen Debatten zu äußern und kontrovers zu diskutieren", sagte Bätzing. Der Schutz des Lebens und die Frage nach einer verantworteten Ethik seien für Fürst wichtig gewesen.
Prägend sei Fürst auch als langjähriger katholischer "Medienbischof" gewesen. Fürst habe sich "allen meist kontroversen Themen und Fragen der Medienschaffenden gestellt - sei es vor der Kamera oder in Hintergrundgesprächen". Jahrelang habe er als Geistlicher Assistent des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) als vermittelndes "Bindeglied zwischen dem ZdK und der Bischofskonferenz" gewirkt.
Einsatz für Diakonat der Frau
ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp schrieb am Samstag, Fürst habe sich "beispielhaft für eine menschennahe Kirche" engagiert. Dazu zähle sein "Einsatz für den Diakonat der Frau, transparente kirchliche Entscheidungen und eine gezielte Förderung des Laienengagements in der Kirche".
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte beim Festakt, Fürst stehe "für eine einladende und für eine zeitgenössische Kirche, die auf heutige Fragen keine gestrigen Antworten gibt". Die Kirche habe die Aufgabe, "den Glauben in der säkularen Welt anschlussfähig zu halten, weil sie nur dann Orientierung bieten, Zusammenhalt schaffen und Sinn stiften kann", sagte Kretschmann. In persönlichen Worten dankte Kretschmann Fürst für dessen "Freundschaft", die beide seit langem in vielen Gesprächen "über Gott und die Welt" teilten.
Noch kein Nachfolger
Mit dem Ausscheiden von Fürst wird ein vierter Bischofsstuhl in Deutschland unbesetzt sein. Vakant sind - teilweise seit mehr als einem Jahr - die Bischofssitze in Bamberg, Paderborn und Osnabrück. Die Neubesetzung dürfte auch zu einer kirchenpolitischen Richtungsentscheidung seitens des Vatikans werden. Zunächst aber wird in Rottenburg-Stuttgart ein Diözesanadministrator gewählt werden, der als Übergangsverwalter das Bistum leitet, bis es einen Nachfolger für Fürst geben wird.
Für den hatte Fürst noch einen Tipp: "Man muss die Menschen und die Diözese mögen." Und man müsse "Kuddl" haben, wie der Schwabe sage. Also: Körperlich gut beieinander sein und Ausdauer haben.