Bischof Fürst sagt Reform bei wiederverheiratet Geschiedenen zu

Die Diskussion dauert an

Baldige Reformen im Arbeitsrecht der katholischen Kirche hat der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst angekündigt. Auch in der Frage der Zulassung zu den Sakramenten soll es Bewegung geben.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Die katholische Kirche in Deutschland will schon bald Reformen mit Blick auf den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen einleiten. Das hat der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Gebhard Fürst am Samstag vor der Herbstvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken

(ZdK) in Bonn angekündigt.

"Die Erwartungen, die Ungeduld und der Ärger sind groß", so beschrieb Fürst die Stimmung unter den Katholiken. Die Bischöfe hätten seit

2010 intensiv über dieses Thema beraten und "offene und intensive Debatten" geführt. Jetzt zeichneten sich "bescheidene, aber reale Fortschritte" ab. Das betrifft laut Fürst sowohl Reformen im Arbeitsrecht der Kirche als auch die Frage nach der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten.

Wie groß das Problem ist, zeigen schon die Statistiken: 2012 wurden in der Bundesrepublik rund 179.100 Ehen geschieden. Etwa 37 Prozent aller 2012 geschlossenen Ehen dürften nach den Erwartungen der Statistiker im Laufe von 25 Jahren getrennt werden. Tendenz steigend.

Und bereits heute sind rund 25 Prozent aller neu geschlossenen Ehen Wiederverheiratungen.

Dazu kommt die Glaubwürdigkeitsfrage: Die Kirche werde vielfach als unbarmherzig wahrgenommen, so der Rottenburg-Stuttgarter Bischof. Und in einem Brief an seine Amtsbrüder unterstrich er im Juni: "Die Frage nach der Erteilung der Absolution und der Zulassung zur Kommunion ist auch eine Frage an die kirchliche Botschaft von Schuld, Umkehr und Versöhnung." Wie könne die Kirche als Ort der Versöhnung wahrgenommen werden, wenn sie selber die Glaubensnot vieler wiederverheirateter Geschiedener nicht wahrnehme?

Auch als Arbeitgeber hat die katholische Kirche zunehmend

Akzeptanzprobleme: Im rheinischen Königswinter kündigte die Stadt der Kirche als Trägerin eines Kindergartens, weil der Pfarrer dessen Leiterin wegen Ehebruchs gefeuert hatte. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschied 2011, dass der Chefarzt eines katholischen Düsseldorfer Krankenhauses trotz zweiter Eheschließung im Dienst bleiben müsse.

 

Beim kirchlichen Arbeitsrecht - die katholische Kirche ist zusammen mit ihrer Caritas der größte private Arbeitgeber in Deutschland - sehen die Bischöfe laut Fürst die größten Spielräume, weil es sich nicht um dogmatische Fragen handele. Kirchliche Mitarbeiter müssten ihrem jeweiligen Arbeitgeber gegenüber loyal sein; dafür sei aber die private Lebensführung nicht entscheidend. Deshalb sollen wiederverheiratete Geschiedene künftig weiter in kirchlichen Einrichtungen arbeiten können, sagte der Bischof. Dabei müssten allerdings verkündigungsnahe Tätigkeiten wie die Arbeit von Diakonen,

Gemeinde- oder Pastoralreferenten strenger bewertet werden.

Caritas-Generalsekretär Georg Cremer mahnte in einer ersten Reaktion "justiziable Lösungen" an. Die Frage, in welchen Fällen wiederverheiratete Geschiedene in kirchlichen Einrichtungen gekündigt werden könnten, müsse für alle nachvollziehbar geregelt werden. Er stellte zugleich in Frage, ob in der Verkündigung tätige Personen wirklich durch ein Scheitern ihrer Ehe unglaubwürdig würden.

Unauflöslichkeit der Ehe nicht verhandelbar

Mit Blick auf die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu Kommunion und Beichte sagte der Rottenburg-Stuttgarter Bischof, die deutschen Bischöfe wollten bei ihrer Frühjahrsvollversammlung im März in Münster eine Reform verabschieden. Fürst betonte, die Unauflöslichkeit der Ehe sei für die Kirche nicht verhandelbar. Es gehe aber darum, die konkrete Wirklichkeit von vielen Paaren und Familien intensiver zu berücksichtigen.

Nach dem bereits vorliegenden Entwurf sollten wiederverheiratete Geschiedene im begründeten Einzelfall zu den Sakramenten zugelassen werden. Voraussetzung seien eine persönlich verantwortete Gewissensentscheidung und ein Gespräch mit dem Seelsorger.

Damit würden sich die deutschen Bischöfe an die Anfang Oktober vorgelegte Handreichung aus dem Erzbistum Freiburg sowie an ein 1993 veröffentlichtes Hirtenwort der damaligen südwestdeutschen Bischöfe Walter Kasper (Rottenburg-Stuttgart), Karl Lehmann (Mainz) und Oskar Saier (Freiburg) anlehnen. Beide waren im Vatikan auf Ablehnung gestoßen.