Bischof Hofmann über die Lourdes-Idee des Welttags der Kranken

"Etwas, was die Welt dringend braucht"

Papst Johannes Paul II. rief 1993 den Welttag der Kranken ins Leben. Dabei hatte er bereits Lourdes im Block, sagt der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann. Im Interview mit domradio.de spricht der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Lourdes-Vereins über die Bedeutung des Wallfahrtsortes: "Ein Krankenhaus der Welt, in dem man die Kranken wirklich als Menschen wahrnimmt."

Bischof Friedhelm Hofmann (Bistum Würzburg) (KNA)
Bischof Friedhelm Hofmann (Bistum Würzburg) / ( KNA )

domradio.de: Herr Bischof, wie kam es dazu, dass der Welttag der Kranken eingeführt wurde?

Hofmann: Das kam durch Papst Johannes Paul II. Er hatte den Blick auf Lourdes gerichtet, weil die Erscheinungen der Gottesmutter in Lourdes 1858 unmittelbar mit der Heilung von Kranken verbunden waren. Am 1. März 1858 ist eine Frau geheilt worden - und seitdem reißt auch der Strom der Kranken, die nach Lourdes ziehen, nicht ab. Es wäre aber verkürzt zu sagen, dass alle Kranken, die dort hinkommen, mit einer persönlichen körperlichen Heilung rechnen können oder sollten. Es ist so, dass Lourdes ein Krankenhaus der Welt ist, in dem man die Kranken wirklich als Menschen wahrnimmt, die auch eine Aufgabe zu erfüllen haben. So wie Bernadette, die, als sie selbst krank im Kloster war, sagte: Meine Aufgabe ist es, krank zu sein. Und diese innere Verbindung zwischen dem Kranksein und dem Geheiltwerden - das ist eine ganz wesentliche Aufgabe Lourdes.



domradio.de: Die Kirche begeht heute nicht nur den Welttag der Kranken, sondern auch der Gedenktag "unserer lieben Frau von Lourdes".  Sie waren selbst Vorsitzender des Deutschen Lourdes-Vereins. Was ist das Besondere an der Wallfahrt nach Lourdes?

Hofmann: Man darf sicherlich davon ausgehen, dass mindestens 50.000 Kranke jedes Jahr nach Lourdes reisen. Ich habe mich mit vielen in den Zügen unterhalten, auf der Hinfahrt Erwartungen entdeckt. Und ich fragte mich, wie wird es sein, wenn sie ungeheilt nach Hause fahren. Und ich habe dann auf der Rückfahrt wieder mit den entsprechenden Kranken gesprochen. Und da habe ich das eigentliche Wunder von Lourdes erlebt: dass diese Kranken mit einer viel größeren inneren Bereitschaft ihr Kranksein angenommen haben! Und auf einmal verstanden haben, sie sind nicht von Gott abgestraft, sie sind nicht die Vergessenen innerhalb der Gesellschaft, sondern sie stehen in der Mitte, sie sind Menschen, denen eine Aufgabe zugemutet wird, die nicht alle leisten können. Und ich habe so viele beglückende Gespräche auf der Rückfahrt erlebt, dass ich gesagt habe, wir müssten viel mehr tun, um die Kranken mit Lourdes in eine innere Verbindung zu bringen.



domradio.de: Ist diese besondere Beziehung zwischen Kranken und der Wallfahrt nach Lourdes auch der Grund, warum der Gedenktag "unserer lieben Frau von Lourdes" und der Welttag der Kranken zusammengefeiert werden?

Hofmann: Das kann man uneingeschränkt bejahen. Der 11. Februar 1858 war der erste Erscheinungstag. Und Papst Johannes Paul II. hat bewusst diesen Tag gewählt, damit eben die Menschen, die Kranken den Blick auf Lourdes richten und sagen: Hier ist nicht ein Ort, der Krankenhäuser oder die Heilkunst der Ärzte überflüssig macht. Aber hier ist ein Ort, an dem man verstehen lernt, dass das Kranksein eben keine Strafe ist, sondern dass die Kranken die Liebe der Menschen herausrufen. Es ist in Lourdes phantastisch zu erleben, wie junge Leute ihre Ferien dort verbringen, um die Krankenstühle zu schieben, um den Kranken beizustehen. Und diese Bereitschaft, die sich auf einmal in einem Wechselspiel der Nächstenliebe zeigt, ist etwas, was die Welt dringend braucht, damit wir nicht einem größeren Egoismus anheimfallen, sondern bereit sind, den Nächsten anzunehmen, so wie er ist.



domradio.de: In seiner jährlichen Botschaft zum Welttag der Kranken rief Benedikt XVI. dazu auf "die Sensibilität der kirchlichen und zivilen Gemeinschaften gegenüber unseren kranken Brüdern und Schwestern zu erhöhen." Dem können Sie sicher nur zustimmen, oder?

Hofmann: Das ist sehr gut, weil der Papst auch die Kranken so in den Blick nimmt, dass sie uns nicht als eine Last vor Augen geführt werden, sondern als eine Chance, auch die Liebe zu praktizieren. Und mich freut vor allen Dingen, dass Papst Benedikt auch die jungen Leute anspricht, gerade in Blick auf den Weltjugendtag in Madrid im Sommer, dass er sagt: Ihr Jugendlichen, die ihr selber krank seid, versteht, dass ihr Brücken der Liebe zur Solidarität schlagen könnt; und ihr gesunden Jugendlichen seht zu, dass ihr den anderen beisteht.



Das Gespräch führte Susanne Becker-Huberti.