Dem Thema könne sich auch das katholische Lehramt nicht entziehen, schreibt Kohlgraf in einem Beitrag für die Mainzer "Allgemeine Zeitung" (Donnerstag). Gott sei "nicht eher Mann als Mensch geworden". Kohlgraf zeigt sich beunruhigt, dass in der Kirche über die Zulassung zu "Machtämtern" diskutiert werde. Dies zeige, "dass insgesamt etwas falsch gelaufen ist". Natürlich habe ein Bischof Macht auch im weltlichen Sinne, und es müsse auch einmal gefragt werden, welche Anteile hier dem Evangelium wirklich entsprechen und wie der Dienst als solcher geleistet werden kann.
"Auch ich nehme wahr: Viele unserer Liturgien sind männlich dominiert, ganz zu schweigen von Sitzungen der Bischofskonferenz oder von Bischofstreffen in Rom, die ich erleben konnte. Es ist schon ein irritierendes Bild, wenn über Themen der kirchlichen Zukunft diskutiert wird und zunächst unabhängig von der Weihefrage die Hälfte der Kirchenmitglieder institutionell nicht dabei ist. Ich kann die Kritik nachvollziehen, und die Zusammensetzung von Beratungsgremien oder liturgischen Diensten ist ja keineswegs in Stein gehauenes Gesetz", schrieb Kohlgraf.
Selbstverständlich an die Aussagen des päpstlichen Lehramts gebunden
Er betont, nicht nur Frauen, sondern auch die meisten Männer seien von Machtfragen ausgeschlossen, "weil zu viele Themen von Macht über die Jahrhunderte an das Weiheamt gekoppelt wurden". Kohlgraf sieht sich aber als Bischof "selbstverständlich an die Aussagen des päpstlichen Lehramts gebunden". 1994 habe Papst Johannes Paul II. die Frage einer Weihe von Frauen entschieden, und "Papst Franziskus hat die Aussage bekräftigt". Der Bischof nimmt deshalb für sich eine Loyalitätspflicht wahr.
Das kirchliche Lehramt kann nach Kohlgrafs Worten "nicht den Kopf in den Sand stecken und so tun, als sei jede Gegenposition nur Unsinn". Die Gegner dürften dies aber auch nicht. Bis ins 19. Jahrhundert sei die Frage der Frauenordination auch gesellschaftlich bedingt kein relevantes Thema gewesen, so der Bischof. Es stimme aber nicht, dass heutige kirchliche Argumente ein Produkt des 19. Jahrhunderts seien. Es gehe um die Frage, ob die Kirche eine Tradition ändern könne, die im zweiten Jahrhundert "abgeschlossen" gewesen sei.