Bischof Meier besucht Hochwassergebiet in seinem Bistum

"Das hat mich tief bewegt und erschüttert"

Seit dem Wochenende leidet Süddeutschland unter Wassermassen und den Folgen des Starkregens. Der Augsburger Bischof Bertram Meier hat einige der Flutgebiete in seinem Bistum besucht und berichtet von der Lage in Schrobenhausen.

Bischof Meier zu Besuch nach der Hochwasserkatastrophe in Schrobenhausen / © Nicolas Schnall (Bistum Augsburg)
Bischof Meier zu Besuch nach der Hochwasserkatastrophe in Schrobenhausen / © Nicolas Schnall ( Bistum Augsburg )

DOMRADIO.DE: Wie muss man sich die Lage in Schrobenhausen vorstellen? 

Bischof Bertram Meier (Bischof von Augsburg): Ich habe zunächst mal eine gute Nachricht zu vermelden. Die Überflutungen sind zurückgegangen. Die schlechte Nachricht ist, dass die Menschen damit beschäftigt waren, das Chaos, das diese Wucht des Wassers hinterlassen hat, aufzuräumen. 

Bischof Meier

"Das Wasser kommt zwar rasch in wenigen Augenblicken, aber die Folgen der Flut werden noch lange bleiben."

Vor diesem Hintergrund war auf der einen Seite eine gewisse Entspannung spürbar. Die Leute haben sich auch ganz gelassen verhalten. Es war große Hilfsbereitschaft spürbar. Aber auf der anderen Seite gibt es die Berge mit Gegenständen, mit Maschinen, mit Mobiliar, alles, was die Wasserflut kaputt gemacht hat. Das hat mich tief bewegt und erschüttert. 

Helfende im Hochwassergebiet in Schrobenhausen / © Nicolas Schnall (Bistum Augsburg)
Helfende im Hochwassergebiet in Schrobenhausen / © Nicolas Schnall ( Bistum Augsburg )

DOMRADIO.DE: Wie haben die Menschen vor Ort auf Ihren Besuch reagiert? Konnten Sie die Betroffenen ermutigen? 

Meier: In der Krisensituation war es sicherlich so, dass die Menschen damit beschäftigt sind, wieder äußere Ordnung zu schaffen, also im wahrsten Sinne des Wortes aufzuräumen.

Ich kann mich an einen Besuch bei einer Familie mit einem relativ neuen Haus erinnern. Das ist jetzt kaputt. Da sind die Menschen noch unter Schock, die haben sich längst nicht sortiert. Das Wasser kommt zwar rasch in wenigen Augenblicken, aber die Folgen der Flut werden noch lange bleiben. 

Bischof Meier

"Ich glaube, in der Situation der Krise packen alle an, trösten einander, stehen einander bei."

Ich habe mit Menschen sprechen können, die in der Kirche engagiert sind. Auch die Stadtpfarrkirche ist in Mitleidenschaft gezogen. Hier jetzt von einer inneren Gelassenheit zu sprechen, ist viel zu früh. Ich glaube, in der Situation der Krise packen alle an, trösten einander, stehen einander bei. Das ist für mich ein sehr schönes Zeichen gewesen. Aber es ist eine tiefe Verwundung, auch eine Perplexität, die in den Herzen der Menschen spürbar ist. 

DOMRADIO.DE: Sind denn viele Menschen im Bistum Augsburg von dem Hochwasser betroffen? 

Meier: Ich kann Ihnen nicht die genaue Anzahl sagen, aber ein großer Teil der Fläche der Diözese ist betroffen, vor allem das schwäbische Gebiet an den Flüssen. Es geht nicht nur um die großen Flüsse, sondern vor allem um die kleinen, die so harmlos daherkommen. 

Es ist noch verfrüht, mit Zahlen zu operieren. Wir von der Diözese haben es so gemacht, dass die Angestellten bei uns drei Tage bezahlte Dienstbefreiung haben. Wir werden auch versuchen, finanziell unter die Arme zu greifen. 

Es ist angedacht, eine Sonderkollekte für alle Pfarreien im Bistum für die Flutopfer zu organisieren. Ich glaube, da sind wir fast ein bisschen wie die Urkirche unterwegs. Denken Sie an die Kollekte von Jerusalem. Wenn Brüder und Schwestern in Not sind, müssen die anderen helfen und im wahrsten Sinne des Wortes unter die Arme greifen. 

Bischof Meier spricht mit Betroffenen der Hochwasserkatastrophe in Schrobenhausen / © Nicolas Schnall (Bistum Augsburg)
Bischof Meier spricht mit Betroffenen der Hochwasserkatastrophe in Schrobenhausen / © Nicolas Schnall ( Bistum Augsburg )

DOMRADIO.DE: Am Montag haben Sie zum Gebet für die Betroffenen der Hochwasserkatastrophe aufgerufen. Welche Unterstützung seitens der Kirche wird es noch geben? 

Meier: Wir werden diese Gebetskette weiter spinnen. Ich habe mich mit einem Brief an alle besetzten Pfarrämter gewandt. Dann sind wir mit den engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gespräch, wie wir auch finanziell weiterhelfen können. Wir stehen mit den Pfarreien in Kontakt und gehen auch davon aus, dass über unsere Dekane Rückmeldungen kommen. 

Wir sind dabei, auf verschiedenen Ebenen dranzubleiben. Bei uns im süddeutschen Raum sind die Freiwilligen Feuerwehren ganz aktiv, das Technische Hilfswerk, soziale Vereine und die Notfallseelsorge. Alles unter christlichem Vorzeichen, auch wenn es nicht alles unter der katholischen Flagge segelt. Wir haben hier ein Zeichen der christlichen Nächstenliebe gesetzt. 

Ich hoffe, dass sich diese Welle der Solidarität noch über Monate ausbreitet, auch wenn die Mikrophone und Kameras der Medien nicht mehr da sind. Denn die mittelfristige und langfristige Hilfe wird es jetzt ankommen.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Bistum Augsburg

Augsburger Dom / © Tatsuo Nakamura (shutterstock)

Das Bistum Augsburg zählt mit knapp 1,3 Millionen Katholiken zu den großen deutschen Diözesen. Gemessen an Mitgliederzahl und Finanzkraft ist es das zweitgrößte in Bayern. Es umfasst rund 13.700 Quadratkilometer und erstreckt sich von Neu-Ulm bis zum Starnberger See und vom Donau-Ries bis zu den Allgäuer Alpen. Die rund 1.000 Pfarreien werden seit 2012 und noch bis 2025 zu rund 200 Pfarreiengemeinschaften zusammengeführt.

Quelle:
DR