Bischof Müller wegen seiner Medienschelte in der Kritik

Von Gänsen und Enten

Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller gerät wegen seiner Medienschelte weiter in die Kritik - auch aus den eigenen Reihen. Müller hatte den Medien wegen der Art ihrer Berichterstattung über Missbrauchsfälle eine "Kampagne gegen die Kirche" vorgeworfen, als "Gänse" bezeichnet und eine Parallele zur NS-Zeit gezogen. Kardinal Kasper und ZdK-Präsident Glück reagieren irritiert. Das Bistum spricht von einer "Ente".

 (DR)

In einer Predigt zum 100-jährigen Bestehen des Katholischen Deutschen Frauenbundes in der Diözese erinnerte Müller am Samstag an den Protest der Vereinigung gegen die «christentumsfeindliche» Ideologie der Nazis 1941. Diesem «Unrechtssystem» sei Jesus «ein Dorn im Auge» gewesen. «Auch jetzt erleben wir eine Kampagne gegen die Kirche», beklagte der Bischof. Von so vielen Medien werde «gegen die Kirche gezischt» und «gefaucht». Ziel dieser «Kampagne gegen die Kirche» sei, ihre Glaubwürdigkeit zu erschüttern«. «Die Leute, die vorm Fernsehen sitzen, die Zeitung aufschlagen», würden «manipuliert durch zurechtgestutzte und verkürzte Berichte, durch ständige Wiederholungen von Vorgängen aus alter Zeit», sagte der Bischof.

Daher komme es darauf an, »Reife des Glaubens zu haben, nicht auf all diese Schalmeien wie 1941 hereinzufallen, so auch heute nicht«. So wie damals die Katholiken der Kirche treu gewesen seien, «so wollen wir auch heute in dieser bedrängten Situation als Kirche zusammenstehen».

Kardinal Kasper: Eigenes Haus in Ordnung bringen

Auch der Münchner Erzbischof Reinhard Marx bemängelte, dass viele Darstellungen in den Medien undifferenziert, vergröbert und verzerrt seien. Jetzt sei aber nicht die Stunde, «andere zu beschuldigen und Kampagnen der Medien zu beklagen», fügte er hinzu. Vielmehr gelte es, der Wahrheit ins Auge zu schauen.

Kurienkardinal Walter Kasper sagte laut Bayerischem Rundfunk am Sonntagabend in Weiden, die Kirche solle jetzt «nicht mit dem Finger auf andere zeigen. »Sondern wir sollen unser eigenes Haus in Ordnung bringen, und dann können es andere auch tun«. Wie die Medien über die Missbrauchsfälle berichteten, darüber könne man »verschiedener Meinung« sein. Aber es sei auch deren Aufgabe, Dinge offenzulegen, betonte der Kardinal.

Glück: Relativierung vermeiden
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, weist den Vorwurf Müllers zurück, es gebe in der Missbrauchsdebatte eine Medien-Kampagne gegen die katholische Kirche. «Wir müssen uns darauf konzentrieren, dass hier unsere Hausaufgaben gemacht werden in der katholischen Kirche», sagt Glück am Montag im WDR. Es müsse alles vermieden werden, was nach Relativierung aussehe. Forderungen nach einem Rücktritt Müllers lehnte er jedoch ab.

Zu Müllers Vergleich mit der christenfeindlichen Ideologie der Nazis sagte Glück: «Ich glaube, er wird der Situation der Kirche in der Nazizeit nicht gerecht.» Es müsse jetzt konsequent aufgeklärt werden, forderte der ZdK-Präsident. Die Schuld dürfe nicht bei anderen gesucht werden. Außerdem müsse alles getan werden, um den Opfern zu helfen. Das sei der eindeutige Kurs der katholischen Kirche in Deutschland.

Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hatte sich am Sonntag entsetzt gezeigt: »Ich gehe davon aus, dass Bischof Müller zu dieser Zeit noch nicht gelebt hat. Sonst hätte er so etwas nicht gesagt«, betonte sie auf ddp-Anfrage und fügte hinzu: »Unglaublich, wie mit solchen Aussagen Geschichtsfälschung betrieben wird.«

DJV fordert Entschuldigung
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat Müllers Kritik als «skandalöse Polemik» bezeichnet. Die stellvertretende DJV-Vorsitzende Ulrike Kaiser forderte Müller am Montag auf, seine pauschalen Vorwürfe gegen die Medien und den von ihm hergestellten Zusammenhang zum Nationalsozialismus zurückzunehmen. Sie forderte, der Bischof müsse sich für seine Wortwahl entschuldigen.

Diözese: An den Haaren herbeigezogen
Die Diözese Regensburg wies die Kritik zurück: Von einem NS-Vergleich zu sprechen, sei «an den Haaren herbeigezogen». Ein Bistumssprecher wandte sich am Sonntag gegen Medienberichte, wonach Müller die Berichterstattung über Missbrauchsfälle mit der kirchenfeindlichen Haltung des NS-Regimes verglichen habe. Das sei eine «Falschmeldung». Der Bischof habe nicht gesagt, dass es sich es sich heute um dieselbe Kampagne handle wie 1941. An den Reaktionen auf die «Ente» des Bayerischen Rundfunks lasse sich ablesen, dass an Müllers Vorwurf einer Kampagne gegen ihn «irgendwas dran ist».

Das Bistum veröffentlichte am Wochenende ferner einen Hirtenbrief Müllers, in dem er die «medialen Angriffe» ebenfalls scharf kritisiert. Er verurteile den Versuch, die ganze katholische Kirche und ihre Einrichtungen in Misskredit zu bringen. Zugleich bezeichnet er Kindesmissbrauch als «Verbrechen» und «Todsünde». Missbrauch durch Priester sei ein «Vertrauensbruch im allerschlimmsten Sinn». Alle deutschen Bischöfe seien sich einig, dass sie eine ehrliche Aufklärung wollten, «frei von falscher Rücksichtnahme».